Die jüngste Inszenierung des Anglistentheaters, »Kindertransport«, feierte vergangenen Freitag seine Premiere in der Uni Augsburg.
Doppelte Perspektive

»Kindertransport« ist ein frühes Werk der britischen Autorin Diane Samuels. Es wurde im April 1993 erstmals von der Soho Theatre Company am Cockpit Theatre in London aufgeführt. Seitdem wurde es weltweit in vielen Ländern erfolgreich auf die Bühne gebracht. Das Anglistentheater der Universität Augsburg, welches seit 1980 besteht und zweimal jährlich ein Stück in englischer Sprache aufführt, wagte sich an den schweren Stoff heran.
Diane Samuels beleuchtet in ihrem mehrfach ausgezeichneten Theaterstück das Schicksal eines deutsch-jüdischen Mädchens, das mit einem der Kindertransporte nach England kommt, aus historischer und zugleich gegenwärtiger Perspektive. Diese doppelte Perspektive von Eva Schlesinger, einer jungen Jüdin, wurde auf der Bühne durch zwei Parallelgeschichten aufgezeigt: Auf der rechten Seite spielt sich das Schicksal von Eva ab, sie wird durch die »Kindertransporte« nach England geschickt. Auf der linken Seite ist die Erwachsene Eva, nun Evelyn genannt. Die Tochter von Evelyn möchte die Vergangenheit ihrer Mutter erfahren.
Die Geschichten spielen in einem kontinuierlichen Wechsel, die Beleuchtung fällt abwechselnd auf die zwei unterschiedlichen und doch ähnlichen Geschehnisse, die über 40 Jahre trennen. Denn eine Person bildet die Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Evas »neue« Mutter Helga. Sie ist in beiden Geschichten zu sehen und verbindet die gegenwärtigen als auch die vergangenen Geschehnisse miteinander.
Das Stück zeigt die Abgründe auf, die junge jüdische Kinder von 1938 bis 1939 ertragen mussten. In dieser Zeit wurden sie nach den Pogromen zwar nach England gerettet, doch der Umzug in ein fremdes Land brachte für die Kinder auch Verzweiflung, Ausgrenzung, traumatisierende Erlebnisse und Scham mit sich. Ein wunderbar sehenswertes Stück, das einem sehr Nahe geht.
Weitere Aufführungen in der Universität Augsburg, Hörsaal II: 12. und 14. Dezember, jeweils um 20 Uhr.