Ecce Homo! Entdeckt »Dalibor«!

»Heute richtet man hier Dalibor, ihm steht ein schwerer Gang bevor!« Dies wird schnell zum schmerzlich eingängigen Grundton und -motiv der zumindest in Deutschland erstaunlich selten gespielten Oper des tschechischen Komponisten Bedřich Smetanas (1824–1884). Jetzt kann man einen modern getrimmten »Dalibor« im Martini-Park kennenlernen, wo am Wahlsonntag ein überzeugender Staatstheater-Start gelang. Das Premierenpublikum bestätigte diesen Eindruck mit lange anhaltendem Beifall insbesondere für das fulminante Orchester unter Leitung von GMD Domonkos Heja, für ein in allen Partien hochklassig besetztes Sängerensemble, für den Chor unter der Leitung von Carl Philipp Fromherz und natürlich für das Produktionsteam.
Das bedrohliche Betongrau der weiträumigen Bühne (Alfred Peter), die reichlich Nebel- und Gegenlicht-Effekte nutzt, machte schnell deutlich, dass es in diesem hermetischen Terrorsystem, in dem viel gequalmt und ebenso viel geschossen wurde, kein befreiendes Happyend geben kann. Regisseur Martin Schwab, der den Hang zu plakativer Bildsprache bisweilen überstrapazierte (u.a. mit der platt überzeichneten Pädophilie des Kerkermeisters Benes), präsentierte seinen Dalibor von Anfang an als gebrochenen, schwer misshandelten Inhaftierten, als »Ecce Homo«-Spottfigur, als nahezu blind vor sich hin taumelnden Anti-Helden, der sich auf dem Weg in den Tod einzig von der liebenden Erinnerung an seinen ermordeten Freund Zdenko nährt. Scott Mac Allister (als Gast, Foto: Jan-Pieter Fuhr) stemmte die anspruchsvolle Titelpartie mit tenoral-dramatischer Wucht, schraubte im finalen Akt die süße Sehnsucht nach der Jenseits-Vereinigung mit dem Geliebten in »himmlische Höhen«.
Leidenschaftlich und trickreich, dennoch vergeblich setzten Milada (Sally du Randt) und Jitka (Jihyun Cecilia Lee, die für ihre darstellerische wie stimmliche Präsenz verdient Bravi bekam!) samt motivierter Rebellenbande ihr Leben auf Spiel, um den einst »edlen Ritter« Dalibor dem unerbittlichen Gerichtsspruch des zynischen Königs und seiner aggressiven Handlanger zu entreißen.
Mehr sei nicht verraten, denn der Weg zu »Dalibor« lohnt allein schon wegen Smetanas umwerfender Musik, die ein Eintauchen leicht und zum erfüllenden Klangerlebnis macht!
Weitere Termine siehe unter:
www.staatstheater-augsburg.de