Das großartige Debüt-Album von H, dem neuen Projekt der Mitglieder von Rhytm Police, Das Hobos und Le Roy, ist ein feudaler, experimenteller Melting Pot aus Electronica, Kraut, Dance und Postrock. Eine Rezension von Martin Schmidt.
Echokammer of Pre-Anything

H, das neue Projekt der Mitglieder von Rhytm Police, Das Hobos und Le Roy, legt sein selbstbenanntes Debüt-Album vor. H, das ist das bisher fehlende »H« in »Rhytm Police«, und als Letter-Solitaire der Buchstabe der Zukunft im süßen Alphabet der MashupTronica-Bewegung. H ist ein funkenschlagendes Motherboard aus Electronica, Kraut, Dance, Ambient, Lounge, Postrock und kosmischem Groove-Wahnsinn, ein Netz aus Rhythmen, Patterns, Klangfiguren. Dabei entwirft das Duo die H-Definition von schabendem, labenden, in die Tiefe grabenden Krautrock, gratiniert mit unfassbarer Dub-Coolheit. Kontrollierte Verspultheit galore.
Gut kann man sich vorstellen, wie in einer Klang- und Mischpultsauna die Körper von Leo Hopfinger, Tom Simonetti und Albert Pöschel (Echokammer) eins werden, zu einem vibrierenden einzigen Musikproduzenten-Body werden, aus dem allerliebst Platinen und CPUs wachsen. H, ein hochleistungsfähiger Lust-Core-Prozessor aus Psychedelic, Dub, Drum-Magiertum, Minimal-Techno, Ethnoeinflüssen, R'n'B, und sogar Cloudrap. In einer sexy Special-Effects-Lounge vermählen H analoge und digitale Klangsphären, verknüpfen Electronica mit Post-Anything, vielleicht sogar mit Pre-Anything. Um es für Musiker zu sagen: ein Melting (Pan-)Pot. Das Album ist Wodka, Rotwein, Obstler und Kefir zugleich, und es funktioniert, denn dein Ohr hat ein Magen wie ein Pferd. Auf der Zunge süß-explosiv wie Granaten und Granatapfelkerne.
Immer wieder leuchten sogar Artrock-Elemente wie von Talk Talk oder Japan auf, dazu Tortoise-ige Aristokratie und Notwistige Sensibilität. Eine Platte aus Kopf und Bauch, mit einsteckbarer Nabelschnur in den Kosmos. Ja. Was anderes tun als hören – deep listening –, grooven, tanzen bei all den Skits als Samples, den auf Aux-Kanälen brutzelnden, feinen Psychedelic- und Trance-Knusperln, den Glitches und Noises, den 80er-Sounds und dem Hiphop-Madchester-Perkussionsfeuer? »H« ist ein fantastisch tanzbarer Overload aus wärmsten Bedeutungslücken, aus Postrocken und Rostpocken. Dieses gesamte Style-Moiree, ja: hingesamte Geil-Mobilee ist Ausrasten auf hohem internationalen Niveau. Mit welcher Virtuosität, Beiläufigkeit und non-chalantem In-the-know hier Styles verwirbelt, zusammengeküsst, aufgedröselt und verdubbt werden, muss man gehört und erlebt haben. Wie sang die berüHmte Popjournalistin H-Lene DietricH einst so scHön? IcH Hab nocH einen Kiffer in Berlin.
Das Album ist als Vinyl und CD auf Echokammer erschienen.
Den Song »Internationaler Tiefbau« gibt es hier zu hören.