Am vergangenen Sonntag feierte das Staatstheater Augsburg die äußerst gelungene Premiere des Familienstücks »Die rote Zora und ihre Bande«.
Mut zur Freiheit

Der Mut zur Freiheit wird meistens als ein Sprung ins Ungewisse erlebt. Das Risiko, niederschmetternd auf dem harten Boden zu landen, ist genauso groß wie die Chance in die Höhe aufzusteigen. In diesem Zusammenhang stellt der Regisseur des Stücks Simon Windisch bemerkenswerterweise die Protagonisten als Vögel dar. Die ewig hungrigen Möwen agieren einerseits als Symbol für Ausgestoßene und gleichzeitig als Freiheitsliebende. Schon vor Beginn der Vorstellung treten die Möwen auf der Bühne in Interaktion mit den Zuschauern, die – während sie ihren Platz einnehmen – noch nichts wahrnehmen können und machen damit die Vögel unsichtbar.
Basierend auf der Buchvorlage von Kurt Held spielt die Geschichte in einer kroatischen Küstenstadt. Vom Meer, das einst nährend und rein war, ist nicht viel geblieben. Das Bühnenbild gibt diese Trockenheit eindringlich wieder. Am Hafen hausen die hungernden Möwen auf den weißen, vergitterten Containern, von Plastikmüll und Dreck umgeben. Nur der Fischer Gorian, perfekt von Andrej Kaminsky besetzt, steht den Möwen nicht gleichgültig gegenüber und versucht mit ein wenig Fisch, ihnen das Überleben zu erleichtern.
Die kleinste und die ängstlichste Möwe ist der Weise Branko (Anatol Käbisch). Als er, von Hunger geplagt, einen Fisch aus dem Dreck zieht, wird er vom gierigen Karaman des Diebstahls verdächtigt und hinter Gittern gebracht. Doch die mutige Möwe Zora (von Katharina Rehn hervorragend umgesetzt), deren Haare ein roter Oktopus schmückt, hilft wie ein Feuervogel dem hilflosen Jungen aus dem Containergefängnis zu entkommen. Sie bringt ihn auf die Burg zu den anderen Mitgliedern ihrer Bande.
Hier muss sich Branko erstmal unter Beweis stellen. Dank des mutigen Handelns von Zora beginnt auch er an sich zu glauben und daran, was ihm wichtig ist. So hilft die Bande, nicht immer legal, dem Fischer Gorian in seinem Kampf gegen Karaman, der eine Fischgesellschaft leitet, auf dekadente Weise Geige spielt und die Freiheit als Gefahr wahrnimmt.
Die Kameraden halten zusammen und geben unter keinen Umständen auf. Unter dem Motto »Du musst nach vorne gehen, auch wenn es ganz steil ist!« kämpfen sie um Freiheit, die für sie keine Frage des Preises ist. Nur auf dem Meer fühlen sie sich frei und glücklich, denn das Meer ist ein Ort, der niemandem gehört. Die mitreißenden Melodien, die die Handlung begleiten, sind taff und unterhaltsam. Sie lassen einen Hauch slawischer Volksmusik erahnen.
Das Stück dauert ca. eineinhalb Stunden und ist für Zuschauer ab 8 Jahren geeignet. Besonders ist die Tatsache, dass die Inszenierung durch die ganzheitliche Gestaltung nicht nur auf das aktuelle Problem der Umweltverschmutzung aufmerksam macht, sondern auch die in der aktuellen Zeit der Selbstbezogenheit verlorenen Werte wie Zusammenhalt und Solidarität in den Fokus rückt.
Alle Termine unter:
www.staatstheater-augsburg.de/die_rote_zora