Die neue Regierung aus CSU und Grünen serviert den bisherigen Kulturreferenten Thomas Weitzel ab und bereitet den Weg für »KuSpo« 2.0. Bis dahin irrlichtert die Kulturpolitik der Stadt führungslos durch die Corona-Krise.
Trennung mit Ansage

Die a3kultur-Redaktion arbeitet nun bald vier Wochen im Corona-Modus. Die Kolleg*innen machen Homeoffice. Die Kommunikation läuft über Telefon und Mail. Nach den Osterfeiertagen haben wir beschlossen, die a3kultur-Mainummer als Printausgabe vorzubereiten. Parallel dazu arbeiten wir an einigen Sonderveröffentlichungen. Unsere Podcastreihen »Jetzt geht Kurt« und »Kulturregion vs. Corona« laufen seit Wochen und finden zunehmend Hörer*innen.
»Keine Zeit wie jede andere« – ein a3kultur-Bulletin zur Corona-Krise von Jürgen Kannler
Während in unserer Redaktion – wie bei vielen Kulturarbeiter*innen – eine Art Alltag der Krise Einzug hält, zeigt sich die Stadtführung bei Kulturthemen zunehmend kopflos. Wo andere Städte Notprogramme auflegen, um ihre Kulturorte und -macher*innen durch die Corona-Zeit zu bringen, herrscht in Augsburg Chaos und Lethargie. Der vor zwei Wochen vom Kulturbeirat eingebrachte Beschluss zur Corona-Krise verhallte im Rathaus nahezu ungehört.
Die Kulturpolitik der Stadt irrlichtert führungslos durch die Corona-Krise. Der noch im Amt stehende Kulturreferent Thomas Weitzel erklärt sich, nachdem ihm seine CSU-Parteifreundin und baldige Oberbürgermeisterin Eva Weber die Zusammenarbeit auf Regierungsebene aufgekündigt hat, für nicht mehr zuständig und sagt den letzten für diese Legislaturperiode angesetzten Kulturausschuss ab.
Eine Trennung mit Ansage. Schon im Wahlkampf hat es Weber tunlichst vermieden, sich für ihren Parteifreund Weitzel auszusprechen. Als quer eingestiegener CSU-Kandidat hoffte er wohl, seinen Posten über die Liste sichern zu können. Eine fatale Fehleinschätzung. Seine jahrelangen Abgaben an die Parteikasse warfen für ihn keine Rendite ab. Dass er nicht der erste vermeintliche Wahlsieger im CSU-Lager ist, dessen Einsatz schlecht entlohnt wurde, wird den Kulturmann kaum trösten.
Wäre es nach Eva Weber gegangen, sie hätte wohl auf ein Kulturreferat in ihrer Regierung verzichten können. Dass es nun in Kombination mit Sport daherkommen soll, war das Aus für den jetzigen Referenten. Man könnte Thomas Weitzel wohl einiges nachsagen, aber bestimmt keine besondere Nähe zum Sport. »KuSpo« 2.0 wäre schon eher die Kragenweite von Richard Goerlich, dem Verwaltungskarrieristen Nr. 1 unter Kurt Gribl und glücklichen Wahlkampfmanager der zukünftigen Oberbürgermeisterin. Als Erfinder der »City of Peace« kann er bereits Erfahrung mit der Fusion von Sport und Kultur, zumindest auf Eventebene, vorweisen. Sollten die formalen Voraussetzungen erfüllt sein, hätte auch Horst Thieme Chancen auf das »KuSpo«-Referat. Als Poetry-Slam-Pionier könnte der IT-Fachmann und Langzeitgrüne auf alle Fälle im Kulturteil des neuen Ressorts punkten.
Dass sich nun ausgerechnet die Grünen zum Wegbereiter für ein zweites »KuSpo«-Experiment machen, erstaunt. Bisher galten sie als scharfe Kritiker*innen der erneuten Zusammenlegung der beiden Bereiche und ließen kein gutes Haar an den Versuchen des einstigen Referenten Peter Grab auf diesem Gebiet.
Das Kulturreferat der Stadt ist bis auf Weiteres führungslos. Kulturmacher*innen und ihre Vertreter*innen sind ohne Ansprechpartner*innen. Nun werden wichtige – für einzelne Kulturschaffende überlebenswichtige – Entscheidungen auf unbestimmte Zeit vertagt. Statt den kommunalwahlbedingen Ämterwechsel auf die Zeit nach der Krise zu schieben, verschärft der politische Postenschacher der neuen Regierungsparteien CSU und Grüne die Not der Kultur.
Und was macht eigentlich Noch-OB Kurt Gribl? Hat er das Feld schon komplett seiner Nachfolgerin überlassen und übt sich als Frühstücksdirektor? Wohl nicht ganz. Bei der Rettung der Augsburger Kulturorte und -macher*innen macht er jedoch eine schlechte Figur.
Foto oben: Plakatmotiv (bearbeitet) aus dem Jahr 2009 zum »KuSpo«-Projekt des damaligen Kulturreferenten Peter Grab