Klassik

»Ein ganz neues Erlebnis«

a3kultur-Redaktion

Mozart@Augsburg eröffnet auch in diesem Herbst die Konzertsaison in unserer Kulturregion. Jürgen Kannler traf sich kurz nach der Programmpräsentation mit Sebastian Knauer, Pianist und künstlerischer Leiter des Festivals, zum Interview.
 

Dieses Jahr erwartet uns die elfte Ausgabe von Mozart@Augsburg, einem von privater Hand initiierten Klassikfestival, das in unserer Region Maßstäbe setzte. Ohne kommunale Förderung in Anspruch zu nehmen, eröffnen Sebastian Knauer und Johannes Boecker mit ihrem Programm auch in diesem Jahr die Herbstsaison. 

Für Johannes Boecker hat das Engagement im Konzertbereich Familientradition. Seine Eltern laden gern in ihr Herrenhaus Bannacker zu Klassik und Geselligkeit, in einem für unsere Region einzigartigem Ambiente. Bei Mozart@Augsburg ist der Finanzexperte für das Backoffice verantwortlich. Vor Konzertbeginn begrüßt er zudem die Gäste gern persönlich am Einlass und weist ihnen zuweilen, elegant und sympathisch, den Weg zu ihren Plätzen.

Sebastian Knauer, selbst ein international erfolgreicher Pianist, hat in Augsburg sein Talent als Booker entdeckt. Seit einigen Jahren ist er auch für das Programm der Internationalen Musikfestwoche auf Schloss Berleburg verantwortlich und veranstaltet mit seiner Agentur regelmäßig Konzerte in der Elbphilharmonie in seiner geliebten Heimatstadt Hamburg.


a3kultur: Herr Knauer, auch in diesem Jahr überraschen Sie mit einigen besonderen Namen im Mozart@Augsburg-Programm. Halten Sie zwischen den Festivals bewusst Ausschau nach Künstlern, die Sie nach Augs­burg holen, oder geschieht das im Rahmen Ihrer Tätigkeiten als Pianist und Leiter einer Konzertagentur eher so en passant?  

Sebastian Knauer: Das wenigste in unserem Leben, das von Bedeutung ist, geschieht zufällig. Einige Namen, die ich gerne einladen möchte, trage ich schon länger mit mir. In manchen Fällen klappt es dann auch irgendwann. Um ein gutes und abwechslungsreiches Programm anbieten zu können, sehe und höre ich mich natürlich auch viel um. Wenn sich dann ein Gefühl einstellt, da könnte was zusammen gehen, nehme ich Kontakt zu den Künstlern auf. Das geht unter Kollegen ganz gut. Dann müssen Programme und Terminkalender gecheckt werden. Nicht alles, was man von beiden Seiten aus gerne machen würde, klappt in der echten Welt auf Anhieb. 
Bei all dem muss man auch die Bereitschaft des Publikums mit einbeziehen, neue Wege gehen zu wollen. Nicht alle Formate und Programme lassen sich immer und überall erfolgreich umsetzen. Das Publikum für ein Programm zu begeistern ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Die Entscheidung, ein Ticket zu kaufen, fällt zum Teil sehr spät. Das werden die meisten bestätigen, die in diesem Bereich zu tun haben.
 

»Viele Festivals, die mit Motti arbeiten, weichen am Ende dann doch auch immer wieder davon ab.«


Welcher Live-Event hat Sie zuletzt richtig fasziniert? 

Das war wohl die Matthäuspassion in einer sagenhaften Inszenierung von John Neumeier in der St.-Michaelis-Kirche in Hamburg. Dieses Ballett hat mich sehr berührt. Ebenso wie die 2.500 anderen beweg­ten Besucher an diesem Abend. Ich habe das Glück, seit 30 Jahren mit diesem Ausnahmechoreographen befreundet zu sein und auch zusammenzuarbeiten. Ein Privileg, das dieses Erlebnis, das ja auch die Endphase dieser großen Karriere flankiert, noch unterstreicht.

Um beim Ballett zu bleiben: Welche Möglichkeiten bietet der Tanz, wenn es darum geht, klassische Musik auch neuen Zielgruppen näherzubringen? 

Im Grunde dieselben wie jegliche Kombinationen. Sei es nun mit Popmusikern, Schauspielern oder eben Tänzern oder Performancekünstlern. Entscheidend ist es, sich in Bereichen, auf die man sich als Künstler einlässt, besonders gut auszukennen. Ich arbeite gerne mit Profis aus den verschiedensten Bereichen der Kunst zusammen. Sei es Klaus Maria Brandauer, Iris Berben oder Johannes Strate von der Band Revolverheld. So ist es auch beim Tanz. Allerdings sehe ich – zumindest bei meiner Arbeit für Mozart@Augsburg – da gegenwärtig noch keine speziellen Umsetzungsmöglichkeiten.  

Ihr Programm folgt nicht erkennbar einem roten Faden – jedoch einer gewissen Dramaturgie. Gibt es Menschen – außer Johannes Boecker –, mit denen Sie sich beim Booking absprechen?

Nein, das mache ich allein. Bei Budgetfragen ist Johannes Boecker allerdings voll mit einbezogen. Er hat die Zahlen im Blick und sagt schon mal, diese Idee ist ja schön und gut, lässt sich aber finanziell nicht darstellen. Die Programmatik ist eben immer auch eine Frage der Finanzierbarkeit.

Letztendlich geht es mir bei der Zusammenstellung eines Programms um die größtmögliche Freiheit aller involvierten Persönlichkeiten. Im Zentrum steht immer die künstlerische Ansicht. Viele Festivals, die mit Motti arbeiten, weichen am Ende dann doch auch immer wieder davon ab. Auch aus diesem Grund verzichte ich von vornherein darauf.  

In diesem Jahr dürfte das Konzert der Bamberger Symphoniker im Kongress am Park wohl der größte Etatposten von Mozart@Augsburg sein. Sie werden gemeinsam mit dem Orchester unter der Leitung der neuseeländischen Dirigentin Gemma New ein Konzert mit Werken von Rossini, Gershwin und Beethoven geben. Es ist, nach meiner Recherche, das erste Programm, das Sie in dieser Konstellation spielen. Wie kam es dazu?

Das stimmt. Die Bamberger kenne ich zwar gut, aber unter der Leitung von Gemma New habe ich noch nicht gespielt. Das wird ein ganz neues Erlebnis. Die Idee, das Orchester nach dessen Besuch bei unserem Festival in 2015 wieder nach Augsburg zu holen, ist schon etwas älter. Wir mussten uns aber einige Jahre in Geduld üben, bevor der Termin geklappt hat. Jetzt freue ich mich, dieses Orchester von Weltruf wieder in die Mozartstadt geholt zu haben.
 

»Es ist wunderbar, Künstler und Unternehmer sein zu können.«


Ihre letzte CD erschien 2021. Nach der Taktung Ihrer Diskografie müsste in den kommenden zwölf Monaten das nächste Projekt zur Veröffentlichung kommen.  

Absolut. Es ist schon in Arbeit. Wir haben Aufnahmedaten im Kalender und rechnen mit der Veröffentlichung in etwa einem Jahr. Viel darf ich dazu noch nicht sagen. Aber so viel sei verraten, es wird etwas Größeres. Der absolute Hammer. Abweichend vom Standard. So, wie ich es eben gern mache, aber auch machen muss. Die Einspielung einer neuen Mozartbox würde mir vielleicht sogar mehr Spaß machen, aber der CD-Markt hat sich in den letzten Jahren stark verändert und abgeschwächt. Der Streamingmarkt ist heute besonders wichtig und verlangt nach neuen Ideen.

Sie haben eine halbe Million Hörer bei Spotify und ein Mehrfaches bei Apple Music. Wie gelang Ihnen diese Aufmerksamkeit in der digitalen Welt?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen werde ich gut von meinem Label BMG/Modern Recordings gemanagt. Dort sitzt ein sehr motiviertes und kreatives Team. Wir hatten die Möglichkeit, gute Videos zu produzieren und Geld in die Werbung zu investieren. Zudem habe ich selbst Entscheidungsmöglichkeiten bei der Grafik, den Budgets für Werbung und Multimedia und kann umsetzen, was ich schon vorher im Kopf hatte, aber früher so nicht machen konnte. Auch musikalisch muss man teilweise andere Wege gehen, um auf den so wichtigen »Playlists« der Streamingdienste zu landen, die dann die entsprechenden Hörerzahlen bringen.

Das hört sich spannend an. Man kann sich aber als Entscheidungsträger auch nicht verstecken. Weder als Künstler noch als Unternehmer.

Das kann man so sagen. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Es ist wunderbar, Künstler und Unternehmer sein zu können. Neben der Musik haben mich organisatorische Herausforderungen schon immer sehr gereizt. Denn auch auf diesem Wege kann ich Projekte realisieren, von denen ich denke, dass sie vom Publikum positiv aufgenommen werden.

Wie kommt diese Kombination denn bei den Kollegen an? 

Sehr gut, muss ich sagen. Es ist sicherlich ein großer Vorteil für mich, dass ich selbst auf der Bühne stehe und mich dadurch gut in die Lage der von mir eingeladenen Künstler versetzen kann. Ich kann gut beurteilen, was die Künstler brauchen und was nicht. Ich kenne den Moment vor dem Auftritt, wo man lieber seine Ruhe haben möchte, ich weiß, wie wichtig ein echtes Lob und ein gemeinsames Dinner nach dem Auftritt sind, ich kenne das Bedürfnis, eine räumliche Übemöglichkeit zu bekommen, ich kenne die große Bedeutung der Betreuung vor Ort usw. … So kann ich aus meiner eigenen Erfahrung bereits vieles vorbereiten, wobei natürlich gewisse Sonderwünsche jederzeit ebenso noch bedacht werden können. Wegen dieser ganz persönlichen Art sind bislang alles Gäste von Mozart@Augsburg glücklich abgereist und kommen jederzeit gerne wieder zu uns.

Mozart@Augsburg startet am 6. September mit Mozart und Brahms im Kleinen Goldenen Saal und beendet sein diesjähriges Programm am 16. September am selben Ort. Infos und Tickets unterwww.mozartaugsburg.com    

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