Ein Parkdeck löst sich auf
Fotografiekünstler Sebastian Bühler lässt die Wände leer: Diesmal verwandelt sich der Boden des Projektraums »augsburg contemporary« in einen Parkplatz.
An der augenfälligen Rückwand des Galerieraums sehen wir: nichts. Leerstelle. Sebastian Bühler rückt den Boden des Projektraums in den Fokus, indem er diesen mit der Fotografie eines in die Jahre gekommenen Parkdecks bedeckt.
Die Betrachter*in steht unvermittelt zwischen gelben Parkflächenmarkierungen, die vor sich hin blättern. Linien werden durch Risse und Löcher im Asphalt unterbrochen, stattdessen sprießt hier das Grün, Kies schimmert hervor. Diese Schichtungen, diese spezielle Ästhetik des Verfalls nehmen wir bei einem realen Parkplatz üblicherweise kaum wahr. Erst durch den Transfer in das Medium der Fotografie schärfen sich unsere Sinne, erlauben uns einen nahezu archäologischen Blick auf diesen »lost place«, lassen uns die Schönheit des Versehrten erkennen.
Parkdecks wie dieses – Bühler fand es in Belgrad – behalten ihre Makellosigkeit nur, wenn sie permanent instand gehalten werden. Sobald der Mensch hier nachlässt, löst sich die Struktur leise und allmählich auf – die Natur übernimmt das Kommando. Dieser »Verfall« erweist sich so zugleich als Beginn von etwas anderem.
Mit Hilfe einer Drohnenkamera gewährt Bühler der Betrachterin oder dem Betrachter den Blick direkt von oben auf das Geschehen, wie in den trügerisch schönen Landschaften der Serie »toxic aesthetics«. Er verändert in der fotografischen Annäherung die reale Situation durch eine außergewöhnliche Schärfe der Bilder und eine ungewohnte Perspektive. Auch »Parking – structure and shapes« fordert Aufmerksamkeit, macht aber vor allem offen für genaues Hinsehen und Nachdenken.
Die Ausstellung läuft bis zum 25. Januar 2025. Geöffnet ist in den nächsten Wochen freitags und samstags von 14 bis 17 Uhr, ab dem 25. Dezember nach Vereinbarung. Midissage ist am 14. Dezember von 14 bis 17 Uhr. Dank des raumbreiten Schaufensters lässt sich Bühlers Bodenarbeit jedoch jederzeit von außen betrachten. Zur Ausstellung erscheint eine Edition von Fine-Art-Prints in zwei verschiedenen Formaten.
Für das kommende Jahr sind im Projektraum sieben Ausstellungen geplant, darunter eine Neuauflage von »Art X Augsburg« mit Künstler*innen aus Guangzhou. Den Anfang macht jedoch ab dem 2. Februar Esther Pschibul.
www.augsburg-contemporary.de | info@augsburg
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