Gastgärten

Eine Reise in die Ferne, die da liegt so nah …
Entstanden sind sie wohl zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als die neu geschaffenen Wohnblockbauten in den (vor allem Industrie-)Städten nach Ausgleich der mangelnden Flächen zum Gemüse- bzw. Obstanbau verlangten. Es waren ausgewiesene Flächen, von denen man eine kleine Parzelle zur Selbstversorgung pachten konnte, die sogenannten Schreber- oder Kleingärten.
Diese Ansammlungen, da Wildwuchs und Individualität unerwünscht waren, schon bald organisiert in Vereinen und in Deutschland schnellstens geregelt durch ein Gesetz (das bis heute existierende BKleingG, das sogenannte Bundeskleingartengesetz), wurden aber bald auch zur »Laube« und Refugium für ruhige Stunden im (eigenen) Grün.
Mittlerweile gibt es über eine Million Kleingärten in Deutschland. Die Parzellen bieten eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, eine gärtnerische Betätigung und das preiswerte Züchten von gesundem Gemüse. Das persönliche Erlebnis vom Säen, Wachsen, Gedeihen und Ernten bildet ein Gegengewicht zum Leben in Betonburgen und auf Asphaltflächen und fördert das Entstehen im besten Fall harmonischer, zwischenmenschlicher Beziehungen und einen direkten Kontakt mit der Natur.
Da eine Bebauung mit festen Häuslein meist untersagt ist, war schnell das Bedürfnis nach mindestens einem Vereinsheim unvermeidlich, und so entstand dort eine ganz eigene Gastronomielandschaft, die sich den Bedürfnissen der Kleingärtner anpasste. Und das hat sich bis heute kaum verändert.
Da sich aber die letzten Jahre aufgrund der teilweise eben sehr individuellen Öffnungszeiten, immer weniger einheimische Pächter finden lassen, wurde die Gastronomie sukzessive internationaler. Und so bringt das Zusammensitzen und gemeinsame Essen und Trinken für viele Kleingärtner auch so etwas wie einen Kurzurlaub in fremden Regionen mit sich und entführt sie für ein paar Stunden aus dem Alltag. Es entstehen dort Freundschaften, kultureller Austausch oder einfach eine wundervolle Zeit, weit weg von den Sorgen des täglichen Lebens, auch wenn es nur ein paar Meter sind, die die heile Schrebergartenwelt von der Unbill des Großstadtmolochs trennt.
Dass sich hier jeder in seinen Möglichkeiten und natürlich in Abstimmung mit den Vereinsregeln und des BKleingG sein Refugium baut, bringt doch auch immer die ein oder andere Kuriosität mit sich. Zu finden gibt es von altehrwürdigen Obstbäumen über die exakten Reihen des Gemüseanbaus bis hin zum Gartenzwergidyll oder der Alt-Achtundsechziger-Arbeiterbewegungs-Laube mit Nische zum heimlichen Rauchen der Selbstgedrehten fast alles. Fremde werden argwöhnisch beäugt, aber nicht lange, dann trifft man sich auf ein gemeinsames Bier bei Miro oder Dolores im Garten der Vereinsgaststätte.
Wir haben einmal drei Kleingartenanlagen und ihre jeweiligen kulinarischen Zentren besucht:

Kutak Restaurant in der Kleingartenanlage Griesle
Zwischen Schillstraße und Lech in der Firnhaberau liegt die Anlage Im Griesle, eingebettet zwischen Reihen- und Siedlungshäusern, die die letzten Jahre eine wahre Renaissance erlebt haben. Hier sind teure Autos und modern renovierte Häuser, Mütter mit Kindern in Lastenrädern und überregionalem Akzent immer mehr vertreten, und die Kleingartenanlage mag sich hier eigentlich nicht mehr so recht einfügen. Umso mehr bietet sie ein Plätzchen der Ruhe und Nostalgie, und dieses Gefühl stellt sich auch unmittelbar in dem Augenblick ein, wenn man den Gastgarten von Zeljko Maslacs Restaurant Kutak betritt. Biergartentische sowie alte Kastanien und Buchen bilden die Kulisse für eine kulinarische Zeitreise in die 1970er Jahre, als es noch exotisch war, die Balkanstaaten zu bereisen, und Cevapcici zu essen herrlich fremd und verwegen anmutete. Wunderbar, wie man hier schon beim Lesen der Speisekarte in eine andere Zeit versetzt wird. Vegane Speisen und Salate sind definitiv in der Minderheit, hier regiert der Kutak-Teller mit Cevapcici, Schweinespieß, Ustipci und in Speck gegrillter Pute. Dazu gibt es aromatischen Djuvec-Reis mit Paprika und Erbsen, eine nicht unerhebliche Menge roher Zwiebeln und Kajak, einer Creme aus Paprika und Chili.
Die Portionen sind für den durchschnittlichen Hunger durchaus ambitioniert, besonders, da das Ganze noch mit ordentlich schmackhaften Pommes frites oder Wedges daherkommt. Es gibt auch Burger und Schnitzel, aber dafür kommt man nicht hierher. Die Bedienung ist überaus freundlich und flott und liefert durch ihren slawischen Akzent zum Gesamteindruck, bei Freunden aus dem Balkan zu sitzen, die perfekte Ergänzung. Alle Gerichte liegen in geldbeutelschonenden Bereichen zwischen 8,50 und 16,50 Euro für besagten Kutak-Teller, dazu gibt es gut gekühltes Bier, und, um das nostalgische Flair zu vervollkommnen, danach noch ein Eis aus der Langnese-Truhe, Urlaubsfeeling inklusive. Hier ist wohltuend nichts modern. Wer allerdings in den letzten 30 Jahren aufgewachsen ist, wird sich mit dieser Romantik schwer tun, aber dafür wird er bestimmt satt. (Björn Kühnel)
Zeljko Maslac | Kutak Restaurant in der
Kleingartenanlage Griesle | Schillstraße 129 m | 86169 Augsburg
www.kutak-augsburg.de

Essen mit Sonnenuntergang
Aus dem Lautsprecher auf der großzügigen, angenehm schattigen Terrasse erklingt griechische Musik – die Sonne versinkt hinter der Gaststätte »Am Rosenhang«. Der Besuch hier am Oberer Schleisweg 20 im Bärenkeller gleicht quasi einem superkurzen Griechenland-Urlaub. Und das Beste: Hier kocht die Chefin, und der Chef serviert noch selbst.
Die Speisekarte reicht vom obligatorischen Mykonos-Spezial (4 Lammkoteletts, Gyros, Reis, Schafskäse und Salat) über gebackene Sardellen bis hin zur gegrillten Dorade. Alles sehr schmackhaft und hübsch angerichtet. Die Portion, wie gewohnt beim Griechen, sehr üppig. Mir persönlich eigentlich eine Spur zuviel. Die Auswahl für Vegetarier*innen ist nicht ganz so üppig, aber man wird fündig. Ich habe mich für die »Vegetarisch-Meze« entschieden und genieße die Vielfalt auf meinem Teller.
Neben den traditionellen griechischen Gerichten gibt es aber auch deutsche Kost: Rumpsteak, Cordon bleu oder Zwiebelrostbraten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis, der Service, die Wartezeit und die Küche haben mich voll überzeugt. Dazu sehr zuvorkommende und freundliche griechische Wirtsleute. Der Gastraum ist eher schlicht gehalten. Aber der richtige Platz in einem griechischen Restaurant ist eh auf der Terrasse – bei griechischer Musik und dem Blick auf die Sonne, die hinter der Gaststätte »Am Rosenhang« versinkt. (gup)
Gaststätte »Am Rosenhang« |
Oberer Schleisweg 20 | 86156 Augsburg
www.am-rosenhang.business.site

Herberts Gartenwirtschaft
Die Kleingartenanlage Perzheimwiese puffert das Thelottviertel erstaunlich gut gegen die vitalisierte Wertach ab. Ein Spaziergang durch ihre Gässchen zeigt den Wandel der Zeiten anhand von Schrebergartenarchitektur. Wo die Spielräume eng sind, da fallen die genützten Optionen, sich zu behaupten, zuweilen spektakulär aus. Zwischen Zwergenwelt und japanischem Steingarten liegt oft nur der Schattenwurf eines Apfelbäumchens. Die bunte Welt der Bau- und Gartencenter liefert einen nie versiegenden Strom aus Wegwerfbehaglichkeit. Dichter Pflanzenwuchs kaschiert in manchen Fällen die gröbsten Frevel. Doch auch Orte, die in Ruhe reifen dürfen, finden sich hier. Solch ein Ort ist auch Herberts Gartenwirtschaft, das Herz der Anlage.
Sonnenschirme, Lichterketten und Klappstühle, die so gar nichts lounge-iges an sich haben – der erste Eindruck ist nicht schlecht. Die Getränke aus der Brauerei Ustersbach werden gut gekühlt und rasch serviert. Das Angebot auf der Speisekarte würden wohl einige von uns bodenständig nennen. Brotzeiten und eine warme Küche zwischen Currywurst und Käsespätzle. Die Preise reichen von 8,50 Euro für einen sauren Pressack bis zum Jägerschnitzel zu 14,50 Euro. Wir haben bei verschiedenen Besuchen einiges probiert und waren immer zufrieden, auch mit dem Schopska Salat, der auf der Speisekarte eine gewisse Sonderrolle einnahm. Ansonsten spielt das Thema vegetarische Ernährung im »Herbert« derzeit keine wirkliche Rolle. Besonders hervorzuheben ist der sehr freundliche und geduldige Service bei Herbert. Wir kommen wieder. (kaj)
Herberts Gartenwirtschaft |
Perzheimstraße 11a | 86150 Augsburg
www.herberts-gartenwirtschaft.de