Dasein

Im Welterbe baden

a3kultur-Redaktion

Augsburg ist eine junge Welterbe-Stadt. Dipl.-Ing. Alexandra Lotz, die neue Leiterin des Welterbe-Büros Augsburg, ist begeistert von den bereits vorhandenen Strukturen, mit denen sich, wie sie findet, ausgezeichnet arbeiten lässt. Gudrun Pittroff-Glock sprach mit Alexandra Lotz und Antonia Hager, Welterbe-Koordinatorin, über die Arbeit und Verantwortung für diesen bedeutungsvollen Ort der Weltgemeinschaft. 

Am 19. Juli 2023 feierte Augsburg zum fünften Mal die Ernennung seines einzigartigen »historischen Wassermanagement-Systems« zum UNESCO-­Welterbe. Durch die Eröffnung des Welterbe-Infozentrums schon 2021 wurde der Vermittlungs- und Bildungsarbeit für das Welterbe Rechnung getragen. Es fragt sich: Ist das Thema bei den Augsburger*innen angekommen oder was gilt es zu tun, damit dies geschieht?

E-Learning an Schulen zum Thema Wasser 

»Bei meinem tollen Team mit zehn Mitarbeiter*innen bin ich in den besten Händen. Eine gute Basis, mit der sich das Welterbe-Büro wirkungsvoll nach außen vertreten lässt«, schwärmt Alexandra Lotz. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit stellen bereits bestehende Projekte dar. So beispielsweise das digitale Lernprojekt der Heritage & Education gGmbH für Schulkinder zwischen 9 und 16 Jahren. Die erste E-Learning-Reihe befasst sich mit dem Thema Wassermanagement. Das geschieht in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth und der Bergbauregion Erzgebirge/Krušnohoří in Tschechien, deren Wasserwirtschaftssysteme unter anderem der Stromversorgung in den Minen und der Entwässerung dien­ten. Das Projekt ist allerdings noch in der Entstehung. Lehrer*innen der St.-Anna-Grundschule und St.-Georg-Mittelschule unterstützen derzeit das Welterbe-Büro aktiv bei der Entwicklung und Erprobung, bevor es endgültig implementiert wird. 

Die Ressource Wasser und das Thema Nachhaltigkeit waren essenzielle Punkte bei der Nominierung und Entscheidung der UNESCO. Aber nicht nur die UNESCO hat Wasser zu einem ihrer wichtigsten Hauptthemen erklärt, es ist ohne Frage ganz generell ein Thema von globaler Bedeutung. Auch wenn sich vermutlich viele Menschen dessen noch nicht ganz bewusst sind, wenn sie den Wasserhahn aufdrehen. »Die Strukturen müssen eine gewisse Größe erhalten. Es geht um ganzheitliches Denken. Wasser, Nachhaltigkeit, Menschenrechte und Frieden«, so Lotz. Bei vielen Objekten ist die gute Vermittlungsarbeit eine der größten Herausforderungen. »Das Welterbe soll Bürger und Besucher berühren und bewegen – Bewusstsein schaffen und im Alltag eine Rolle spielen«, meint sie außerdem und betont, wie wichtig ihr der Erhalt der Wertschätzung ist.

Bundesstiftung industrielles Welterbe

Ein erklärtes Ziel der neuen Leiterin des Augsburger Welterbe-Büros ist, mit sechs weiteren Welterbe-Stätten der Industriekultur in Deutschland, die Etablierung einer Dachorganisation »Bundesstiftung industrielles Welterbe«. Als Organisation gäbe es damit einen einheitlichen Ansprechpartner, den der Bund dauerhaft finanziell ausstatten soll. Gemeinsam würde man industriekulturelle Orte definieren und Maßgaben für die Mittelverteilung ausarbeiten, Kultur- und Tourismusmarketing fördern und eine Wissensplattform für die Förderung und den Erhalt von Industriekultur schaffen, um auch den internationalen Austausch zu ermöglichen. »Es geht eben nicht nur darum, Industriekultur zu konservieren, sondern in erster Linie geht es darum, diese Stätten zu bespielen«, so Lotz.

Sie habe schon in Gegenden gewohnt, wo Wasser keine Selbstverständlichkeit sei. Brandenburg – Spreewald, Parks, Sportanlagen etc. – sei trocken wie die Wüste. Während ihres Studiums im Ausland und vor allem als Stipendiatin in Australien hat Alexandra Lotz die Arbeit mit dem Welterbe noch einmal ganz anders kennengelernt. Hier war sie tief beeindruckt von der indigenen Kultur und ihrer Verbundenheit mit der Natur. »Davon könnten wir Europäer viel lernen«, findet sie. »Es gibt so viele Themen in Augsburg. Die Außergewöhnlichkeit selbstverständlicher Dinge, die keiner mehr hinterfragt, muss lebendig und nachvollziehbar für alle aufbereitet werden.« Das Welterbe-Infozentrum hat sechs Tage die Woche geöffnet. Wer schon mal da war, versteht, wie sie das meint. Vom Baden bis hin zum Trinken, alle Aspekte werden dort sehr lebendig aufgearbeitet. Am Modelltisch in der Mitte des Raumes ist das Gewässernetz Augsburgs mitsamt seinen 22 Objekten des Wassermanagement-Systems auf anschauliche Weise visualisiert. Alle Mitarbeiter*innen dort sind Ansprechpartner*innen und bei extrem fachlichen Fragen werden die entsprechenden Kolleg*innen hinzugezogen. »Es gibt sehr viel positives Feedback der Bürger zum lebendigen Welterbe«, freut sich Welterbe-Koordinatorin Antonia Hager.

Die Bürger*innen sollen das Welterbe miterleben

Das Welterbe-Büro steht nicht für die bloße Verwaltung des Welterbes, sondern möchte vor allem immer wieder neue Impulse setzen. Der Welterbe-Tag in Augsburg hat in dieser Hinsicht sicher mehr Potenzial zu bieten. Das Programm auf dem Rathausplatz war eher niederschwellig, um breiten Zuspruch zu generieren. »Mit dem ›PlayFountain‹ kamen Besu­cher, die man sonst an dieser Stelle vielleicht nicht finden würde. Und ganz offensichtlich hatten die Besucher Spaß!«, erklärt Ale­xandra Lotz. Daneben gab es Führungen in den Kraftwerken, die sonst gar nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Alle waren ausgebucht. »Die Angebote sind jedenfalls sehr gut angenommen worden«, bekräftigt Lotz, »und ab 2024 wird deutlich mehr stattfinden.«

Welterbe muss man nach außen tragen. An diesem bundesweiten Tag ist jeweils eine der 51 Welterbe-Städte in Deutschland zentraler Veranstaltungsort. 2023 war es Weimar. Dort sind nach kürzester Zeit die Flyer zum Welterbe Augsburg wegen der immensen Nachfrage ausgegangen. »Nicht weil es zu wenige waren, sondern weil viele Interessenten Augsburg noch nicht auf dem Schirm hatten. Bestenfalls bekommen diese dann selbst Lust, eine Tour zu machen, oder sie erzählen es begeistert weiter«, so die Welterbe Expertin.

Vom Großen ins Kleine 

Who is who? Um sich einen Überblick zu verschaffen, finden im Moment gefühlt mindestens drei Meetings pro Tag statt. Projekte, Partner, Liegenschaften, Mitarbeiter*innen der unterschiedlichsten Abteilungen, »ich lerne Unmengen neuer Leute kennen«, so Lotz. Nicht zuletzt treffen auch viele Anfragen ein – von Vereinen, Förderern, Partnern. Die Erwartungshaltung aller ist hoch. In regelmäßigen Treffen wird erörtert, was gut funktioniert hat und was nicht so gut. Die Themen Wasser und Nachhaltigkeit sind dabei Dreh- und Angelpunkt. Das Gesamtwerk muss durch gemeinsame Projekte interessant und im Alltag nützlich und nachvollziehbar kommuniziert werden. Und letztendlich geht es auch um Denkmalpflege.

»Mindestens ein halbes Jahr braucht man, um sich zu integrieren«, konstatiert Alexandra Lotz. »Vieles muss ich erfragen, aber Ungeduld nützt nichts. Man muss Nachsicht mit sich selbst üben.« Klares Ziel für die Zukunft: Die Aktionen sollen größer und sichtbarer und die Kommunikation soll noch besser werden, vor allem nach innen. »Es gab einmal einen Artikel darüber, dass das Welterbe-Büro lethargisch sei. Die Arbeit findet aber zu einem großen Teil im Hintergrund und im internationalen Umfeld statt – das kann keiner sehen«, bedauert Antonia Hager. Vermutlich auch ein Grund dafür, dass die Informationsstelen und -schilder, die an den Einzel­objekten des Welterbes Augsburg zu finden sein sollen, erst Ende Juli dieses Jahres installiert wurden. Bereits 2020 wurden dafür Fördergelder von rund 100.000 Euro durch den Freistaat Bayern bewilligt. Die Stelen werden eine Kurzbeschreibung des Denkmals, eine Karte zur Ortsbestimmung, kurze Informationen zum Objekt und einen QR-Code für erweiterte Informationen enthalten.

»Ideen haben wir so viele«, berichtet Alexandra Lotz. Mit einem Welterbe-Lauf, am besten gleich noch am Welterbe-Tag, ließen sich beispielsweise die 22 Objekte des Welterbes gut miteinander verbinden. Vielleicht mit einem fulminanten Finale an einem besonderen Ort. Eine andere Idee wäre ein Welterbe-Führer, zu handhaben wie ein Reiseführer mit einer Karte zum Ausklappen. Die Machbarkeit – zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen – wird letztendlich darüber entscheiden, welche Ideen umgesetzt werden können. »Dafür sind wir noch auf der Suche nach Partnern«, erklärt Lotz. An unserem Weltwassertag und am Deutschen UNESCO-Welterbe-Tag hat sich dieses Jahr der FCA mit Aktionen beteiligt. Antonia Hager fand ein vom FCA entworfenes Quiz sehr gelungen. »Das konnte dazu beitragen Fußballbegeisterte als zusätzliches Klientel mit dem Welterbe in Kontakt zu bringen.« Wünschenswert wären auch Werbebotschafter für das Welterbe, zum Beispiel aus dem Bereich Sport oder aus der Kulturszene.

Vielen muss vielleicht erst klar werden, dass Welterbe nicht nur Geschichte ist. Beispielsweise stammt ungefähr ein Drittel der Stromversorgung Augsburgs aus den 41 laufenden Wasserkraftwerken im Stadtgebiet. Eine ganze Menge! Die Augsburger*innen haben das große Glück, ein Welterbe zu besitzen, das man in so einer Vielfalt erleben kann. Hochaktuell und zeitgemäß gehört es nicht der Vergangenheit an, sondern vor allem der Gegenwart und hoffentlich auch der Zukunft. 

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