Theater & Bühne

Die Leiden eines Friedfertigen

Gastautor

Im Martinipark spielt das Staatstheater Augsburg die Uraufführung »Unruhe um einen Friedfertigen« nach dem gleichnamigen Roman von Oskar Maria Graf. Das Stück geht unter die Haut.

Die Bühne stellt einen Acker dar, auf dem nichts mehr wächst. An die Videowand werden zunächst Landschaften und Pflanzen zu verschiedenen Jahreszeiten und Stimmungen projiziert. »So was Schönes, diese Wiesen«, freut sich die lungenkranke Kathi Kraus (Natalie Hünig), die Frau des Auffinger Schusters Julius Kraus (Gerald Fiedler). Sein Sohn Hans (Klaus Langemann) schreibt aus den USA, seine Frau stirbt.

Kraus hält sich aus allem raus: »Mach dich nicht mausig, dann frisst dich keine Katz.« Bald sagt der Pfarrer (Thomas Prazak): »Was ist denn jetzt das? Das ist ja wie im Krieg.« Doch es heißt: »Wenn das Laub vom Baum fällt, wird uns der Herbst den Sieg bringen.«

Als der Krieg aus ist, kommt die Revolution. Die ist schlecht »für uns kleine Leut«. Der Kugler (Klaus Müller) sympathisiert mit den Roten: »Man sollte den Hindenburg erschießen.« Ein anderer: »Wo ist die rote Sau?« Das Gesamturteil lautet: »Die Juden sind schuld, die Schlotbarone. Nehmt sie in Schutzhaft.«

Dann kommen Leute mit anderen Fahnen, singend: »Die Fahne hoch ... SA marschiert.«

Derweil macht der Knecht Bertl (Kai Windhövel) Jagd auf Ellies (Jenny Langner): »Jetzt kommt sie nimmer aus.« Beschämt von der Vergewaltigung, begeht die Tochter aus dem Heininger-Hof Suizid.

Ein Nazi (Klaus Langemann) nähert sich dem Schuster, will ihn aushorchen. Drei Kinder warnen ihn: »Pass bloß auf, diese Augen!«

Der Pfarrer schlägt Julius Kraus vor, sich durch eine Beichte zu erleichtern. Der Schuster sagt, er kann nicht, er sei Jude. Inzwischen ist sein Sohn Hans in den USA verstorben. Kraus hat ein Vermögen geerbt. Das spricht sich herum. »Jetzt bin ich geliefert.«

Der Dramatiker Lothar Trolle hat aus dem Roman ein gut zweistündiges Theaterstück gemacht. Susanne Lietzow als Regisseurin brachte ihre Erfahrungen mit dem Tiroler Sprachstil ein. Es ist ein außerordentlich sehenswertes Stück entstanden, bei dem auch getanzt wird. Am Schluss herrschte Stille; denn das Dargebotene ging unter die Haut. Erst nach längerer Pause brandete der stürmische Applaus für das gesamte Ensemble auf.

 

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