Umzug geglückt

»Welcome to the Brechtbühne« – mit diesen Worten begrüßte Oliver Brunner, Produktionsleiter am Theater Augsburg, Slam-Master Horst Thieme zum ersten Poetenwettkampf in seinem Haus. Anschließend übernahm das Urgestein der Szene wie gewohnt selbst das Mikrofon, schließlich galt es neben dem Umzug in die neue Location auch den 15. Geburtstag des Augsburger Poetry-Slams gebührend zu feiern. 1998 im Blauen Salon aus der Taufe gehoben, zog er drei Jahre später in die Kresslesmühle. Seitdem konnten unzählige Poeten aus der ganzen Republik in der Stadt begrüßt werden, lokale Slammer wagten hier ihre ersten Gehversuche und die hiesige Fanbase vergrößerte sich rasch. Nicht nur in Augsburg hat sich der Poetry-Slam längst zu einer etablierten Veranstaltungsform entwickelt. Während früher einige Erklärungsversuche nötig waren, um das Format zu beschreiben, bedarf es heute kaum vieler Worte.
Zum 15. Geburtstag nun also der Umzug auf die Brechtbühne. Passend zur neuen, größeren Location heißt der Slam nicht mehr »Lauschangriff«, sondern »Grand Slam«. Unter diesem Titel bringt Horst Thieme zusammen mit Richard Goerlich Poetry und Pop ins Theaterviertel. Neben der Brechtbühne werden das Weisse Lamm, das Schwarze Schaf, die neue Soho Stage und die Alte Liebe von den beiden Veranstaltern bespielt. Die Regeln des monatlichen Slam-Wettkampfs bleiben jedoch wie gehabt: In zwei Vorrunden haben die Kandidaten jeweils zehn Minuten Zeit, die Zuhörer von ihrem Text zu überzeugen. Instrumente und Requisiten sind verboten. Die Publikumsjury wertet mit Applaus und befördert zwei Poeten ins Finale. Dort angekommen, müssen sich die Slammer auf drei Minuten beschränken.
Die Premiere war mit vier geladenen Gästen aus ganz Deutschland bereits hochkarätig besetzt. Dazu kamen sechs Vertreter der Augsburger »Slamily«, die per Los bestimmt wurden. Prosa, Lyrik, Rap – von einer Bahnfahrt mit Bruce Willis über die Schönheit von kauenden Frauen bis hin zu Kreuzfahrten auf der »MS Zuversicht« waren die Texte mal witzig und ironisch, mal ernst und nachdenklich. Das Publikum bedankte sich mit meist tosendem Applaus. In die Endrunde einziehen konnten schließlich der Münchner Bumillo und Tobias Kunze aus Hannover. Während der Niedersachse mit einer erotischen Beziehungsgeschichte dem Toastbrot huldigte, versuchte sich der Oberbayer mit einer Danksagung an den Schlafanzug. Denkbar knapp entschied sich das Publikum letztendlich für Tobias Kunze als Sieger des ersten »Grand Slam«.
Nach 15 Jahren ist der Poetry-Slam auf der Theaterbühne angekommen. Die Kresslesmühle war eine tolle Location, sicherlich auch irgendwie gemütlicher und charmanter als die Brechtbühne, doch funktioniert der Slam hier mindestens genauso gut: Die Stimmung im Publikum war ausgezeichnet, das Haus bis auf den letzten Platz ausverkauft, die Poeten und ihre vorgetragenen Texte gewohnt erstklassig. Die nächste Chance, sich selbst vom neuen »Grand Slam« zu überzeugen, bietet sich am 22. November um 20 Uhr. Lasse Samström (Bonn), Fee und Heiner Lange (München) sowie Dominik Schick (Kempten) haben ihr Kommen bereits zugesagt.