Das Staatstheater Augsburg zeigt in seiner Digitalsparte Einar Schleefs »14 Vorhänge« als Uraufführung im imposanten Bühnenbild.
Wieder Theater im »Großen Haus«

Scheinbar orientierungslos streift der Protagonist des Stücks »14 Vorhänge«, ein Schauspieler, einsam durch die leeren Gänge, Foyers, die Hinterbühne und den Zuschauerraum des geschlossenen »Großen Hauses« am Kennedyplatz. Offenbar von dem Zustand des sich in Generalsanierung befindlichen Gebäudes und seinen Gefühlen überwältigt, stammelt die Figur zunächst unverständliche einzelne Worte und aus dem Zusammenhang gerissene Sätze. Erst als er wieder auf seinem »natürlichen« Terrain, der Bühne, steht, findet er seine Sprache wieder und berichtet von erfolgreichen, aber auch traumatischen Bühnenerlebnissen.
Intendant André Bücker inszenierte den Monolog, der am 19. Februar digitale Premiere feierte, und besetzte die Rolle des entwurzelten Schauspielers mit Klaus Müller, der mit diesem Stück sein 25-jähriges Bühnenjubiläum in Augsburg feiert. Zu diesem Anlass kehrt Müller an seine alte Wirkungsstätte zurück: das »Große Haus« des Augsburger Theaters, das die zweite Hauptrolle in »14 Vorhänge« übernimmt. Bückers Inszenierung bietet schließlich die einmalige Möglichkeit, einen Blick in das entkernte Gebäude, das mehr einer Großbaustelle oder einer Ruine als einem Theater gleicht, zu werfen. Theaterbesuchern wohl bekannte und geschätzte Orte, wie der Zuschauerraum mit dem imposanten Kronleuchter an der Decke, sind dabei kaum wiederzuerkennen: Herausgerissene Teppiche und Stromkabel, abgebaute Stuhlreihen, nackte Wände und Decken stellen ein beeindruckendes, aber auch gespenstisches Bühnenbild für das Stück dar. Ein Effekt, der sich aber voraussichtlich nur beim Augsburger Publikum einstellen wird, weniger bei ortsunkundigen Besucher*innen des VR-Theaters. Das Gebäude zeigt sich dabei genauso verwundbar und schutzlos wie der Protagonist selbst, der sein komplexes Innenleben mit den Zuschauer*innen teilt.
Überwältigt von den Bildern des Theaterinneren und der berührenden Darstellung des von Klaus Müller großartig dargestellten sprachlosen, heimatlosen Schauspielers, ist »14 Vorhänge« nicht nur eine Liebeserklärung an das Theater, sondern kann auch als eine Warnung verstanden werden: Ein Stück, das vielleicht zu keiner besseren Zeit als jetzt auf die virtuelle Bühne gebracht werden konnte.
»14 Vorhänge« ist unter www.staatstheater-augsburg.de als Content für VR-Brillen verfügbar. Ebenso gibt es die Inszenierung als 360-Grad-Video auf mitgelieferter VR-Brille im deutschlandweiten Verleih-Service unter www.thefrontrow.io zu bestellen. In Augsburg kann eine Leih-VR-Brille mit »14 Vorhänge« unter www.boxbote.de zur Auslieferung per Fahrradkurier geordert werden.
www.staatstheater-augsburg.de
Foto © Jan-Pieter Fuhr