Politik & Gesellschaft

Bankrotterklärung

a3kultur-Redaktion

Umstrittener Staatstheaterneubau am Augsburger Kennedyplatz reißt erneut Budgetziel und treibt auf Baukostenmarke von einer halben Milliarde Euro zu. Wen der für dieses Fiasko Verantwortlichen, wird es mit in die Tiefe reißen? Ein Kommentar von Jürgen Kannler

Die Baukosten für das Staatstheater (STA) steigen weiter. Wie die AZ am 3. Juli, aus einer noch mit Sperrfrist versehenen Presseinfo der Stadt zitierte, um satte 76,7 Millionen Euro. 

Dass am selben Tag Alt-OB Kurt Gribl zum Augsburger Ehrenbürger wurde, ist eine kuriose Randnotiz dieses Skandals. Als Stadtoberhaupt hatte er die kopflose Schließung und den strukturlosen Planungsbeginn des damaligen Stadttheaters zu verantworten. Damit legte der CSU-Mann den Grundstein zum Desaster. Als wiedergeborener Immobilienunternehmer kann er dem von ihm mitangezettelten Fiasko am Kennedyplatz gelassen entgegen sehen.

Seine Nachfolgerin Eva Weber steht ungleich mehr im Feuer als ihr Mentor Gribl. Sie war vor ihrer Wahl zur OB Gribls Referentin für Wirtschaft und Finanzen und trat in dieser Rolle als überzeugte Verfechterin des umstrittenen STA-Neubaus auf. Frühe Hinweise auf die Risiken in der Baufinanzierung pflegte sie die CSU-Frau stets vehement vom Tisch zu wischen. Ihre politische Zukunft könnte mit der weiteren Entwicklung des STA-Desasters eng verknüpft sein. Spätestens im Frühjahr 2026 sind in Augsburg OB-Wahlen.

Webers einstiger Kollege, der CSU-Mann Gerd Merkle, begleitete als Baureferent die STA-Planungen und den Baubeginn. In seiner Rathauszeit wurde deutlich, dass Augsburg kaum in der Lage ist, bedeutende Bauprojekte im Zeit- und Budgetrahmen umzusetzen. Die Liste seines Scheiterns ist lang. Sein Abgang wurde zum Stadtgespräch, als bekannt wurde, dass sich Merkle den Ruhestand mit einem Überstundenausgleich im sechsstelligen Bereich versüßen würde. Das STA-Desaster wird ihn heute kaum mehr belasten als zu seiner aktiven Zeit. 

Sein Nachfolger im Amt Steffen Kercher übernahm die Merkle-Baustellen, wohl ohne sich ihnen mit der gebotenen kritischen Professionalität zu nähern. Vielmehr führte er die haarsträubende Informationspolitik und das fragwürdige Controlling seines Vorgängers weiter. Wie Kercher die Augsburger Bauskandale überstehen wird, ist noch nicht abzusehen.

Auf heftigen Gegenwind muss sich sein Kollege Jürgen Enninger von den Grünen einstellen. Als Kulturreferent verantwortete er gemeinsam mit der Leitung des STA das umstrittene Projekt Theater Quartier Augsburg. Zuletzt bestätigte er Ende April im Rahmen einer Veranstaltung des Presseclubs im H2 den vermeintlich stabilen Finanzrahmen des STA Neubaus. Fehlten dem Referenten vor sechs Wochen die Informationen, wie sie heute auf dem Tisch liegen, oder führte er damals die Gäste des Presseclubs bewusst hinters Licht, als er die Baukosten, stabil bei 340 Millionen Euro verortete?

Angesichts der verheerenden  baulichen Zustände an zahlreichen Kulturorten unserer Stadt, der in Teilen nachvollziehbaren Kritik an unzureichender, wie intransparenter, städtischer Kulturförderung und des Millionengrabs beim STA Neubau wird es für den Kulturreferenten höchste Zeit sich klarer zu positionieren. Längst wird die Frage, nicht zuletzt innerhalb seiner Partei, laut, ob Enninger 2026 noch einmal als Kulturreferent aufgestellt werden sollte. Dies ist irrelevant! Vielmehr sollte sich der Referent selbst prüfen, ob er überhaupt zur Verfügung steht, sollte sich der Rückhalt seiner eigenen Partei ihm gegenüber nicht stabilisieren, und aus der gesamten Stadtregierung ein eindeutiges Bekenntnis zu Augsburg als Kulturstadt zu vernehmen sein.

Auch welche Rolle der in Sachen STA-Neubau unglücklich agierende André Bücker in Zukunft spielen wird, ist ungewiss. Sein Intendantenvertrag am STA läuft noch bis 2028. Seine Chance, das Haus am Kennedyplatz im selben Jahr zu eröffnen, ist eine rein theoretische. Zu seinen Aufgaben, auch als verantwortlicher Projektpartner von Theater Quartier Augsburg, gehört es, die Öffentlichkeit für das Vorhaben einzunehmen. Hier scheitert er von Mal zu Mal. Das nach Aussage der Stadt von ihm zu verantwortende Spendenprogramm für das STA dümpelt seit Jahren trostlos vor sich hin. Öffentlichkeitskampagnen wie die Plakataktion »Bonzen Theater« (Foto) gehen nach hinten los. Und in das von ihm unterstützte Straßenfest rund um die STA-Baustelle flossen städtische Fördergelder, von dessen Höhe alle Quartiersfeste der Stadt zusammen nur träumen können. So macht sich Bücker zum festen Ensemblemitglied im Skandalreigen um den umstrittenen Staatstheaterneubau. 

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