Ausstellungen & Kunstprojekte

Eine Geschichte wird erzählt

Maria Justus und Andreas Chwatal Kunstverein Augsburg © a3kultur/bek

Maria Justus und Andreas Chwatal gestalten mit ihren Zeichnungen, Malerei und Konzepten im Kunstverein Augsburg eine raumgreifende Collage.

Der Blick der Besucher*innen wird sofort von einer Vielzahl antiker Skulpturen gefesselt, deren fotografische Abbilder sich in der hinteren, hohen, schmalen Raumecke wie eine barocke Altarwand staffeln. Maria Justus, Schöpferin dieses Wandbildes, verleiht ihren marmornen Modellen Lebendigkeit. Überschneidungen und Überblendungen sorgen für eine Atmosphäre der Kommunikation, zartfarbige Schatten verleihen ihren Oberflächen, Armen und Beinen nahezu lebensechte Makel. Justus porträtiert und inszeniert diese Statuen, die sie in zahlreichen Museen fotografiert hat, als wären sie Menschen. Damit nimmt sie direkten Bezug auf das Thema dieser Ausstellung im Kunstverein Augsburg, denn Justus (geboren 1989) und ihr Ausstellungspartner Andreas Chwatal (geboren 1982) erzählen hier vom antiken Mythos des Bildhauers Pygmalion, der sich in die von ihm geschaffene Skulptur einer Frau, Galatea genannt, verliebt.

Die beiden Künstler*innen haben sich in einer Art Bootcamp intensiv mit den Aspekten dieses Themas auseinandergesetzt, das bis heute in den verschiedenen Künsten, aber auch in der Psychologie rezipiert wird. Dabei spielen sie ihre spezifischen Herangehensweisen gekonnt aus. Justus, die konzeptionell und medienübergreifend vor allem mit fotografischen Mitteln arbeitet, bereitet mit großer Geste den Grund, auf dem ihre kleinen Arbeiten, wie übermalte Kunstpostkarten oder Fotografien versehrter Statuen, Halt finden. Auch Chwatals kleinformatige, hintergründige Zeichnungen und Keramiken erzählen vor diesem – historischen wie physischen – Hintergrund ihre Geschichten. Seine Arbeiten, wie eine akkurat zarte Tuschezeichnung eines Schlosses, spielen mit dem »Das kenne ich doch« der Betrachter*innen. Doch nein, das wie ein Kupferstich des 17. Jahrhunderts anmutende Werk offenbart bei genauerem Hinsehen »Fehler«, Details, die ausgesprochen gegenwärtig sind.

Beide Künstler*innen, die sich bereits seit ihrem Studium an der Münchner Kunstakademie kennen, schöpfen aus der Vergangenheit und positionieren sich in der Kunstgeschichte, indem sie den Pygmalion-Mythos erneut rezipieren. Sehr präzise entwickeln sie hier ein Konzept, das die Aspekte und Denkmöglichkeiten des Mythos vom Künstler und seiner spezifischen Beziehung zu seinem Werk mit ihrer eigenen Biografie und unser aller Gegenwart verknüpft: Es geht um die Frage der verschiedenen Geschlechter, um Selbstermächtigung, Zuschreibungen durch andere, Verwandlung und persönliches Wachstum.

Maria Justus und Andreas Chwatal, selbst in Form eines Doppelporträts in der Ausstellung präsent, haben im Zusammenspiel einzelner detailreicher Kunstwerke mit der Nonchalance der großen Geste einen ungemein anziehenden, raumgreifend poetischen und durchaus humorvollen Kosmos der Kunst und der Fragen des Lebens geschaffen. Absolut sehenswert.

Die siebte Ausgabe des Ausstellungsformats »Groundfloor Playground« des Kunstvereins Augsburg ist bis zum 12. April im Holbeinhaus zu sehen: Dienstag bis Freitag von 13 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Zur Eröffnung am 1. März um 17 Uhr spricht Christian Thöner mit Maria Justus und Andreas Chwatal über ihre Arbeit. 

www.groundfloor-playground.de

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