Politik & Gesellschaft

Kein Konzept bei gewerblichen Leerständen

a3kultur-Redaktion

a3kultur-Autor Alexander Möckl auf Tour durch leerstehende Supermärkte und Industriebrachen. Am Ende steht die Frage: Was ist das Beste für die Gesellschaft? Leerstände in Augsburg: Teil 3

Mit dem Auszug von Edeka aus dem Schwabencenter zu Ostern verschwindet die letzte große Anlaufstelle in dem maroden Betonkomplex. Nur noch eine Handvoll Geschäfte (Optiker, Friseur, Mobil-Shop, Apotheke und das »Wohnzimmer«) fristen weiter ein trauriges Dasein. Der Rest des einst beliebten und belebten Einkaufszentrums steht mitunter seit Jahren leer. Kein Konzept, kein Versprechen wurde bis heute umgesetzt und eingehalten. Den Sinn dahinter verstehen die Anwohner*innen schon lange nicht mehr.

Nicht weit entfernt vom Schwabencenter steht seit Jahren die ehemalige OBI-Filiale leer und nicht einmal die Parkplätze davor dürfen in Gänze genutzt werden. Ein Grundstück, das geradezu nach Bebauung mit Wohnraum schreit. Doch nichts passiert. Nicht einmal eine Bautafel weist auf irgendetwas wie einen Plan hin. Stattdessen schreitet der Verfall voran.

Und auch nur wenige Meter weiter, im Proviantbachquartier, ist noch nicht alles fertig renoviert und bezugsfertig gemacht. Und da wäre ja noch das ehemalige Osram-Gelände. Auch hier stocken die finalen Planungen. Zurzeit sind Teile davon zwischenvermietet.

Das alles befindet sich allein rund um den Stadtteil Herrenbach. Die Liste könn­te also noch um ein Vielfaches verlängert werden.

Der Online-Immobilien-Check

Macht man sich online auf die Suche nach Gewerbeflächen, findet man ad hoc in einem Radius von 20 km rund 40 Angebote mit über 1.000 m². Bei kleineren Flächen bis 300 m² bekommt man etwa 140 Angebote.

Das zeigt deutlich, dass ehemalige Großindustrieflächen zur Verfügung stehen und auf geeignete Mieter*innen warten. Bis dahin stehen sie leer. Kleinere Flächen lassen sich schneller wieder vermieten. Das stimmt mit dem Trend überein, große Hallen aufzuteilen und in kleineren Einheiten anzubieten.

Es gibt gelungene Beispiele

Im Martini-Park zum Beispiel gibt es momentan nur zwei Gewerberäume im Angebot. Das ehemalige Fujitsu-Areal, 180.000 m² groß und von Walter Bau gekauft worden, ist Stand April 2023 komplett vermietet. Ein Neubau und somit eine riesige Erweiterung des Mietangebots an diesem Standort ist sogar schon in Planung.

Der Grund für diesen Erfolg liegt ganz klar in der Bereitstellung kleinerer Einheiten. Viele verschiedene Firmen an einem Ort schaffen auch Synergien. Oder, wie im Falle des Martini-Parks, sogar neue Kulturorte.

Verantwortung und Moral

Diese guten wie schlechten Beispiele sind nur ein kleiner Teil der ganzen Wahrheit. Warum ein Objekt jahrelang leer steht und in andere sofort neue Mieter*innen einziehen, lässt sich nie ganz schlüssig beantworten. Am Ende fehlt ein alle Hürden überwindender Gedanke: »Was ist das Beste für die Gesellschaft?«

Rechtlich gesehen kann natürlich jeder Eigentümer mit seinem Eigentum machen, was er für richtig hält. Moralisch betrachtet jedoch sollte der sich aufdrängende Profitgedanke gerade heute in den Hintergrund treten. Wer Raum zur Verfügung hat, muss Wege finden, diesen sinnvoll und schnell wieder zur Verfügung zu stellen. Bezahlbar und fair.                                                
Politisch mangelt es jedoch auf allen Ebenen an einem umfänglichen Verständnis für diese Situation. Zum einen fehlt es an Druck auf die Eigentümer, zum anderen an der Vereinfachung von Genehmigungen für Nutzungsänderungen, die Wohnraum schnell generieren könnte.

Letztlich aber auch am Bewusstsein der Bürger*innen, dass Immobilien, die der Stadt, der Kommune oder dem Bund »gehören«, eigentlich Eigentum der Gesellschaft sind. Sollten dann nicht auch die eigentlichen Besitzer*innen mit­entscheiden dürfen und müssen, was damit passiert?

Eine erste Aktion diesbezüglich könnte sein, die seit Jahren verwaiste Kunst­halle am Wittelsbacher Park zu reaktivieren und dort dem Römischen Museum wieder ein Zuhause zu geben.

Sollte dann der Zwist um das Parkhaus dahinter endlich beigelegt werden können, wäre allen gedient: den an der römischen Geschichte ihrer Stadt interessierten Augsburger*innen, den Touristen*innen, die gerne gerade deshalb nach Augsburg kommen und vor Ort parken möchten, und letztlich natürlich allen Besucher*innen des wiederauflebenden Konzertbetriebs des Kongresses am Park. Eine Bürgerinitiative würde sich bestimmt lohnen.
 

a3kultur-Serie:

Leerstände in Augsburg

Teil 1: »Schande – Die Stadt, das Land und hier ansässige Global Player entziehen der Gesellschaft wertvollen Wohnraum«

Teil 2: Kultureller Leerstand