Die Stadt Augsburg hat sich vorgenommen in absehbarer Zeit die klimafreundlichste Kommune Bayerns zu werden. Auf dem Weg zu diesem Ziel trifft viel bürgerschaftliches Engagement auf innovative Unternehmenskonzepte und Forschungsprojekte auf Verwaltung und Politik. Zwanzig Zukunftsleitlinien, destilliert aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kultur geben dem Streben der Einzelnen so etwas wie eine Klammer. In diversen Agendaforen organisieren sich Projektmacher*innen und die Mitglieder des Nachhaltigkeitsbeirats stehen dem Stadtrat beratend zur Seite. Eine zentrale Rolle in diesen Prozessen nimmt das städtische Büro für Nachhaltigkeit ein. Es unterstützt und leitet die in Teilen ehrenamtliche Arbeit der Gremien und versucht den Zukunftsleitlinien in Politik und Verwaltung Substanz und Öffentlichkeit zu geben. In dieser hybriden Rolle aus Macher*in und Vermittler*in stößt das Büro zuweilen an seine Grenzen. Die Reibungspunkte zwischen den Vorgaben der Dienstherrin Stadt und den Vorstellungen der Nachhaltigkeitsaktivist*innen klaffen – zuweilen massiv - auseinander.
Bei der Verleihung des Augsburger Zukunftspreises 2021 im goldenen Saal des Rathauses kam es nun zum Eklat. OB Eva Weber (CSU) übernahm handstreichartig von ihrem Regierungskollegen Peter Rauscher (Bündnis 90/Die Grünen) die Aufgabe eine Laudatio auf die Gewinner*innen von einem der sechs Zukunftspreise zu sprechen. Im besagten Fall ging es um die Ehrung des Augsburger Klimacamps, zu dem die CSU Politikerin seit langen ein zumindest gespanntes Verhältnis pflegt. Statt, wie es von einer Laudatio zu erwarten wäre »Im Rahmen einer feierlichen Rede, jemandes Leistungen und Verdienste zu würdigen« (Wikipedia), nahm sich Eva Weber die vier zur Preisverleihung erschienenen Jugendlichen erst einmal ordentlich zur Brust und rechnete in ihrer Standpauke mit den Preisträger*innen ab.
(Die Rede der Oberbürgermeisterin finden Sie unter diesem Beitrag)Souverän zeigten sich hingegen die Klimaaktivist*innen. Auf die Einladung der OB zur gemeinsamen Arbeit bei der für Dezember geplanten Blue City Klimakonferenz der Stadt, sprachen sie vor Ort noch eine sofortige Gegeneinladung aus. Denn bei der Verfolgung der Klimaziele wird die Zeit knapp. Warum also ein halbes Jahr verstreichen lassen, um mit der Arbeit zu beginnen.
Zahlreiche Besucher*innen des Festakts verurteilten beim anschließenden Empfang die Angriffe Webers. Hat sie doch als OB genügend andere Foren, um sich Öffentlichkeit zu verschaffen. Ihr Beitrag wurde als übergriffig gewertet. Er beschädigt die Bedeutung des Zukunftspreises, mit dem sich die Stadt zuweilen gerne schmückt. Diese Standpauke steht symbolhaft für die Reibungspunkte in der Zusammenarbeit von engagierten Bürger*innen und der Politik.
Dass Rauscher, sein von der Zukunftspreisjury – der er selbst angehörte – übertragenes Rederecht an OB Weber abzugeben habe, wurde dem Grünenpolitiker wenige Tage vor der Veranstaltung mitgeteilt, ließ er nach der Rede wissen. Warum er sich bei diesem brisanten Thema nicht behauptet hat, bleibt vorerst sein Geheimnis. Seine Laudatio, um die zu halten er sich in der Jury bemüht hatte und die ihm diese Verantwortung übertrug, lag zu dem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr vor. Es wäre interessant zu erfahren, in welchen Punkten sie sich vom Beitrag Eva Webers unterscheidet.
Alle mit dem Augsburger Zukunftspreis 2021ausgezeichneten Projekte:
Alte Schmiede zu Augsburg. Ein Labor für experimentelle Bauforschung
Augsburger Klimacamp
Bio kann jeder lernen: Gesunde und nachhaltige Ernährung in der KiTa
H2O TV, die multikulturelle Film AG des Jugendhaus Oberhausen
Nusszopf – Netzwerk für gemeinsame Ideen und Projekte
Wirtschaftsunternehmen: Nero Bio-Grillkohle – Weltweit einzige Grillkohle mit Bio-Zertifizierung
Für den Zukunftspreis 2022 können noch bis zum 31. Mai Bewerbungen eingereicht werden.
Foto: Im Rathaus der Stadt Augsburg wurde der Zukunftspreis 2021 verliehen. Auf dem Bild zu sehen sind die Gewinner*innen gemeinsam mit OB Weber (Fünfte von links) und Reiner Erben, Referent für Nachhaltigkei, Umwelt, Klima und Gesundheit (Vierter von rechts).