Tourismusabgabe für Goya?

Die Kunstsammlungen und Museen Augsburg stellen ihre Pläne für 2025 vor. Es ist eine Erzählung mit Licht und Schatten.
Die Kunstsammlungen und Museen Augsburg (KMA) können auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Rund 280.000 Besucher*innen wurden an den verschiedenen Standorten gezählt. Besondere Beachtung verdienen dabei die Angebote der Kunst- und Kulturvermittlung, die 2024 sage und schreibe 1.400 geleistete Führungen verbuchen konnten. Ein stolzes Gesamtergebnis, das für das noch junge laufende Jahr die Messlatte hoch ansetzt, in Teilen jedoch durchaus getoppt werden könnte.
Herzstück und Fokus sind bei Museen natürlich die Ausstellungsprogramme. Hier können die Besucher*innen beispielsweise auf gleich drei geplante Sonderschauen mit Zeichnungen und Meistergrafiken im Schaezlerpalais gespannt sein. So werden ab Juli barocke Arbeiten aus der gut bestückten eigenen Sammlung zu sehen sein. Ende Oktober folgen unter dem Titel »Der Schlaf der Vernunft« spanische Meistergrafiken von Goya bis Picasso, als Leihgabe des Museo de Artes do Gravado in Santiago de Compostela. Ab Mitte Dezember gedenken die Kunstsammlung mit der Schau »Der Reichtum der Kunst« des 500. Todestags von Jakob Fugger.
Vom reichsten Mann der Welt zur ärmsten Stadt Bayerns
Diese Dreierfolge macht deutlich, welchen Prinzipien sich Christof Trepesch als Leiter des Hauses verpflichtet fühlt. Es gilt, die eigene Sammlung zu pflegen, zu bewahren, zu erforschen und ins rechte Licht zu setzen. Die Bedeutung einzelner Stücke belegen auch die zahlreichen Verleihungen an Ausstellungen in aller Welt. Auf Basis dieses Netzwerks lassen sich auch Arbeiten von Meistern wie Goya nach Augsburg holen. Und schließlich muss ein Haus wie die KSMA auch den lokalen Helden gerecht werden. Und derer gibt es viele – vorzugsweise in der Vergangenheit, als Augsburg bedeutend und die Heimat eines Jakob Fugger war, der als reichster Mann der damals bekannten Welt galt. Heute wird von der Politik gern das Narrativ der armen Stadt bemüht. Wie kläglich, wie zynisch. Eine arme Stadt stürzt sich nicht in Bauabenteuer, deren Unvollendetheit schon Hunderte von Millionen verschlingt. Es sei denn, sie würde von Fantasten regiert.
Licht aus im Glaspalast?
Doch zurück zur Kunst, zurück zu den Kunstsammlungen (deren Einkaufsetat auch 2025 bei nüchternen null Euro liegen wird), zu den städtischen Museen im Glaspalast. Hier wurde im vergangenen Herbst Thomas Elsen als Leiter des H2 und des H1 in den verdienten Ruhestand verabschiedet. Die Verantwortung für die Moderne und die Gegenwartskunst liegt nun auf den Schultern von Jan Wilms. Er ist jung, kann durchaus bereits Ausstellungserfolge vorweisen und vermittelt in gleichem Maße eine gewisse Kaltschnäuzigkeit wie auch Kooperationsbereitschaft sowie den Willen, sich durchzusetzen. Willkommen in Augsburg, Herr Wilms.
Sein Kick-off ist geschickt eingefädelt. Im April startet er mit einem Triple. In dem H1 werden die diskussionswürdigen fotografischen Werke von Susanne Junker zu sehen sein, in Kooperation mit dem Kunstverein Die Ecke e.V. Die Gesellschaft für Gegenwartskunst bespielt zeitgleich die Kabinette im H2 mit Papierarbeiten von Peppi Bottrop, Andreas Breunig und Jana Schröder. Und was macht Wilms? Touché! Er führt im H2 ausgewählte Werke zusammen – aus den Sammlungen der Stadtsparkasse Augsburg (wer weiß schon, was bei den Banker*innen alles an den Wänden hängt), der opulenten Sammlung Walter (der im Glaspalast für ihren Dornröschenschlaf ein eigenes Museum zur Verfügung steht) und aus der eigenen Sammlung (die im letzten Jahr schon umfänglich mit der Schau »Friends!« gewürdigt wurde). Geplanter Titel: »In neuem Licht!«
Vor der verheißungsvollen Vernissage setzen die Kunstsammlungen, ganz vorbildlich in puncto Nachhaltigkeit, auf die energetische noch Teilsanierung von H2 und H1. 1.000 Neonröhren, deren Beschaffung derzeit nur als Restpostenerwerb möglich ist, sollten durch LED-Technik ersetzt werden. Das Hochbauamt gab wohl den Impuls dazu. Ein Etat von rund 120.000 Euro stand im Raum. Und dort steht er noch immer. Ausschreibungsrechtliche Gründe (was immer das heißen mag) blockieren nun das Projekt. Das günstigste Angebot lag offenbar weit über den vom Amt avisierten Kosten. Ja, das können die Bauexpert*innen in unserer kleinen Fuggerstadt: auf der Basis fantastischer Etatberechnungen als sicher gekennzeichnete Projekte in eine kaum noch nachvollziehbare Zeitspirale abdriften lassen. Da hätte Wilms mal das anhaltende Chaos beim Bau des Stadttheaters studieren sollen. Oder bei Brecht nachschlagen:
…, mach nur einen Plan,
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch nen zweiten Plan,
gehn tun sie beide …
Es ist jetzt Zeit für einen Masterplan beim Cluster Moderne und Gegenwartskunst im Glaspalast
Trotz allem ist Jan Wilms auf einem guten Weg, das Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast mittelfristig auf einen guten Kurs zu bringen. Er hat die Möglichkeit, Kulturorte zu bespielen, die in ihrer Grundsubstanz keinen internationalen Vergleich scheuen müssen. Die Dramaturgie seiner ersten Programme zeigt neben den gewählten Themen seinen Willen und die Fähigkeit, Netzwerke aufzubauen und zu nutzen. Da er sich aus dem operativen Ausstellungsgeschäft im Höhmannhaus zurückzieht, bleibt ihm wohl genügend Energie, um sich um die Entwicklung des Glaspalastes hin zu dem vom Kulturreferat erdachten Cluster für Moderne und Gegenwartskunst zu kümmern. Dazu sollte nun schleunigst ein Masterplan der offenen To-dos diskutiert, erstellt und umgesetzt werden. Neben den energetischen Fragen gilt es, die gut angelaufene Vernetzung des Hauses mit dem BBK, der Galerie Noah und dem Museum Walter zu verstärken, die hausinternen Angebote für Besucher*innen in puncto Gastronomie und Museumsshop auf ein akzeptables Niveau anzuheben und der Struktur des Textilviertels, dem neuen kulturellen Herzen unserer Stadt, gerecht zu werden. In diesem hat der Glaspalast eine Leuchtturmfunktion zu erfüllen.
Aus für die Galerie im Höhmannhaus
Dass die Galerie im Höhmannhaus als Kulturort für Gegenwartskunst wegbricht, war bei der Jahrespressekonferenz im Schaezlerpalais nur eine Randnotiz. Bis auf Weiteres soll der etablierte Ausstellungsort in bester Lage als Ausweichquartier für die derzeit raumlosen Restaurator*innen der Kunstsammlungen dienen. Damit wächst die Liste der geschlossenen oder nur in Teilen funktionsfähigen Kulturorte in der Augsburger Innenstadt um eine weitere prominente Adresse an. Mit dem Römischen Museum, dem Stadttheater, dem Konservatorium in der Maxstraße und der Katharinenkirche samt ihrer Gemäldesammlung von Weltrang sind in der City bald mehr Kulturorte für Besucher*innen geschlossen als offen.
Götz Beck fordert baldige Einführung einer Tourismusabgabe
Bitter ist das auch für Götz Beck, den Leiter der Regio Augsburg Tourismus GmbH. Zwar punktet er mit bald 1,2 Millionen Übernachtungen allein im Stadtgebiet, warnt jedoch davor, dass unserer Region die Abkopplung vom lukrativen Geschäft des Städtetourismus droht. Vor diesem Szenario gelang es Beck kürzlich, die Augsburger OB und die Landräte der direkten Nachbarschaft zu einer Allianz für eine längst fällige Tourismusabgabe in Höhe von etwa zwei Euro pro Übernachtung zu bewegen – ein Instrument zur Etatgewinnung, das in benachbarten Bundesländern und österreichischen Kulturorten längst erfolgreich etabliert ist. Derzeit blockiert jedoch die bayerische Staatsregierung das Vorhaben. Sollte der Vorstoß Erfolg haben, könnten auch die Kulturprogramme in unserer Region ihre Strahlkraft über den eigenen Tellerrand hinaus beweisen. Das käme der gesamten Gesellschaft zugute.