Ausstellungen & Kunstprojekte

Bis zur völligen Erschöpfung

Udo Rutschmann
a3kultur-Redaktion

Im Sommer eröffnete Udo Rutschmann mit der Schau »La Sorella« den neuen Kulturort Basilica. Ein Interview mit Udo Rutschmann 

a3kultur: Titus Bernhards Galerie Basilica liegt etwas versteckt im Herzen des Martini-Parks, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Staatstheater, zum Auktionshaus Rehm und zum Architekturbüro Bernhard. Die Galerie erreicht man über dessen Arbeitsräume, vor dem Besuch muss man sich anmelden. Wie ist deine Erfahrung mit diesem Raum? Funktioniert er als Galerie oder ist es nicht eher ein Showroom?

Udo Rutschmann: Showroom oder Galerie – bedingt dadurch, dass es sich bei der Ausstellung um die erste Veranstaltung handelt und über einen langen Zeitraum Gegenwind vonseiten der Verwaltung herrschte, war nicht immer alles einfach. Aber ich denke, dass sich die Galerie Basilica zu einem guten Standort für Kunst und Kultur entwickeln kann.

Wie laufen die Besuche dort ab?

Die Gäste werden in der Regel von Titus Bernhard und mir empfangen und durch die Ausstellung geführt. Häufig ergeben sich Gespräche über die Kunst und das Leben, die dann in den Räumlichkeiten des Büros bei Wein und Käse stattfinden. Da ich eigene Schlüssel zur Galerie besitze, führe ich auch gelegentlich in eigener Regie Sammler, Freunde und Bekannte.

Wer kam bisher?

Bis jetzt hatten wir zahlreiche Gruppen- und Einzelführungen. Unter anderem kamen Freunde der Pinakothek der Moderne mit über fünfzehn interessierten Gästen, lokale Gruppen wie die Künstlervereinigung Die Ecke mit Dr. Kautz, der auch in der Arno-Buchegger-Stiftung engagiert ist und mit über vierzig Kunstinteressierten erschien. Auch die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst (DG) mit Benita Meißner und Gästen sowie Helmut Braun, Kunstreferent der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern, kamen zu Besuch. Nicht zuletzt waren der Augsburger Kulturreferent Jürgen Enninger und Dr. Thomas Elsen sowie viele weitere zu Führungen und Gesprächen hier. Im Januar wird noch ein Treffen mit dem Förderverein Freunde Haus der Kunst stattfinden.

Hat dich das Konzept der Basilica bisher überzeugt?

Ich denke, die Kunstszene in Augsburg braucht weitere Standorte, die sich idealerweise ergänzen und vernetzen.

Vor einigen Tagen hast du mich durch dein Atelier geführt. Es liegt in unmittelbarer Nähe zur Galerie Basilica. Du bist also quasi ein Nachbar von Titus Bernhard. Wie habt ihr beide zueinandergefunden?

Titus Bernhard habe ich vor etwa sieben Jahren zuerst als Sammler kennengelernt. Vor allem in den letzten zwei Jahren hatten wir einen intensiven Austausch über das Thema Kunst, meist bei starkem Kaffee und oft niedrigen Temperaturen bei mir im Atelier. Bedingt durch die räumliche Nähe war es nicht notwendig, schwerfällig zu terminieren – man schaut mal eben gerade vorbei und geht dann wieder seinen Dingen nach.

Titus Bernhard ist in erster Linie Architekt und Kunstliebhaber, erst dann Galerist. Er vertritt deine Arbeit nicht auf Messen und geht finanziell wohl auch nicht in Vorleistung, wie bei manchen Galerien üblich. Wo liegen seine Qualitäten als Vermittler zwischen Künstler*innen und Kund*innen?

Er ist ein leidenschaftlicher Kunstsammler, der auch in manchmal schwierigen Zeiten Kunst erwirbt. Er verfügt über ein großes Netzwerk, das über die Jahre gewachsen ist und das er mit der Galerie zu verknüpfen versucht.

Hat die Schau für dich finanziell funktioniert?

Es gab bisher viele Anfragen und auch Verkäufe. Es stehen noch einige wichtige Termine aus. Man wird sehen – ich bin zuversichtlich, dass hier noch einiges passieren wird.

»La Sorella« ist ein Projekt, das dich schon seit Jahren beschäftigt. Die erste Arbeit aus dem Zyklus habe ich 2023 bei einem Projekt von dir in der Moritzkirche gesehen. Das Standbild »Die Beobachterin« ist ein filigran anmutendes Gespinst, gefertigt aus Stahldraht und Gips. Diese Technik ist auch bei Arbeiten in Bernhards Galerie zu sehen. Darüber hinaus arbeitest du aber auch mit einem ganzen Reigen anderer Techniken und Materialien. Beim Besuch in deinem Atelier waren einige neuere Arbeiten zum Thema zu sehen, zum Beispiel große Hochformate in Mischtechnik – gezeichnet, gemalt, geklebt. Es wirkt, als testest du deine Möglichkeiten bis ins Letzte aus. Ist für dich dabei ein Ende in Sicht?

Tatsächlich war die überlebensgroße Plastik in der Moritzkirche in Augsburg die letzte dreidimensionale Arbeit aus dem »Beobachterinnenzyklus «. Ja, ich umkreise meine Themen oft über lange Zeiträume und versuche, so immer weiter in die Tiefe zu gelangen, bis zur völligen Erschöpfung. Erst dann kann ich weiterziehen. Ich wünsche mir oft, dass nach einer langen Zeit der Auseinandersetzung mit einem Thema etwas Neues kommt, ein neuer Anfang, aber darüber habe ich keine wirkliche Kontrolle. Manchmal denke ich, es wäre an der Zeit, sich mit neuen Themen zu beschäftigen, aber es ist nicht richtig, so einen Prozess willentlich einzuleiten – nicht für mich. So finde ich nicht das, was ich suche.

Gegenwärtig arbeitest du für einige Wochen als Kunstdozent in Dubai. Wie ist die Stimmung an eurer Uni?

Man spürt den Enthusiasmus der jungen Emirati-Künstler*innen. Einige gehen nach dem Grundstudium nach Amerika, Europa etc., um dort weiterzustudieren oder an einem »Artist in Residence«-Programm teilzunehmen. Der bekannte italienische Künstler Michelangelo Pistoletto wird mit der Emirati-Künstlerin Afra Aldhaheri auf der Art Abu Dhabi in einem großen Forum über Kunst sprechen. Es herrscht Aufbruchsstimmung, vor allem was die »junge« Kunst angeht. Unzählige neue Galerien und Art Hubs entstehen in Al Quoz, dem Galerienviertel in Dubai.

Wie stark ist der Einfluss der internationalen Politik auf die Arbeit mit dir und den Studierenden? Welche Rolle spielt der Nahostkonflikt, der Krieg in Gaza, Israel und im Libanon?

Man ist sich der Situation sehr wohl bewusst, aber von einem wirklichen Einfluss kann man, soweit ich es beurteilen kann, noch nicht sprechen.

Erwartet man von dir eine Positionierung?

Nein, weder unterschwellig noch direkt.

Wie hältst du es generell mit Festlegungen?

Das ist schwierig. Ich denke, die Dynamik des Informationsflusses ist sehr hoch. Ständig kommen neue Informationen hinzu, die alte ersetzen. Um einen Einblick zu gewinnen, sollte man sich auch mit der historischen Entwicklung beschäftigen und nicht pauschalisieren. Vielleicht einfach mal ein Buch zu einem Thema lesen – es von mehreren Seiten beleuchten, kritisch sein … sich nicht zu schnell festlegen.

»La Sorella« ist wohl bald abgeschlossen. Beansprucht schon ein neues Thema deine Aufmerksamkeit?

Als Medium wird Farbe wohl ein Thema sein, in welcher Form kann ich noch nicht sagen. Inhaltlich interessieren mich Themen wie das Leben als ein »Übergangszustand«, die Poesie der Auflösung und der Konflikt. Essenzielle Fragen des Lebens, die ich mir nicht beantworten kann und die mich in Erstaunen versetzen. Über die Kunst als Medium versuche ich, diesen Themen näherzukommen und sie erfahrbar zu machen.

Titus Bernhard in der Galerie Basilica

Mit seinem Galerieprojekt »Basilica« ging der Architekt Titus Bernhard nicht nur einer Leidenschaft nach – er begibt sich damit gewissermaßen auch ins Risiko. Die Betreuung der Künstler*innen ist für ihn eine zeitintensive wie ernste Angelegenheit. Erste Erfolge stellen sich jedoch bereits zum Ende der ersten Schau in seinen Räumen im Martinipark ein. »La Sorella«, die aktuelle Schau von Udo Rutschmann in der »Basilica«, fand bei den hochkarätigen Expert*innen großen Anklang, die diesen besonderen Kulturort in den letzten Wochen besucht haben. Für den 17. Dezember ist ein Künstlergespräch geplant. Die Finissage ist derzeit auf den 16. Januar terminiert. Anmeldungen gerne unter: pr@bernhardarchitekten.com 
© Titus Bernhard Architekten BDA

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