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Das Chaos ist aufgebraucht

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a3kultur-Redaktion

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Der Augsburger Festivalkalender ist facettenreich, präsentierte sich in den letzten Jahren aber zunehmend unstrukturiert. Zuschüsse werden mitten in der Vorbereitung vom Kämmerer infrage gestellt, der Kulturreferent verwirrt mit einem unausgegorenen Biennalekonzept und der ahnungslose OB ruft Dachmarken ohne Plan und Substanz aus. Organisatoren und Sponsoren fehlt Planungssicherheit, den Politikern fehlt es an Interesse und Durchblick und das Publikum klagt oftmals zu Recht über ein oft beliebig wirkendes Nebeneinander. Willkommen in der Augsburger Festivallandschaft.

Wer Lust hat, kann hier jährlich weit mehr als 20 Festivals besuchen. Nicht ortsgebundene Themen wie die Bayerischen Theatertage oder der Bayern- und Deutschlandslam sind in dieser Rechnung ebenso wenig berücksichtigt wie diverse Eintagsfliegen unserer City of Peace. Das Angebot reicht von Brecht im Januar bis zu den 1000 Tönen im Dezember. Dazwischen findet sich guter Jazz, jede Menge Kabarett, eine Prise Straßen- und Figurentheater, Popkultur weitgehend auf einige Wochen im Sommer konzentriert, ein erstaunliches Medienkunstfestival, Interkulturelles aus diversen Quellen, zu jeder Jahreszeit die Werke der Mozarts und ihrer Kollegen und noch einiges mehr.

Die Programmauswahl dieser Festivals ist in der Regel erstaunlich gut. Die Netzwerke der Macher werden von diesen mit Leidenschaft gepflegt und beharrlich weitergesponnen. Persönliche Kontakte sind oft das einzig verlässliche Kapital dieser Kulturfreaks. Die meisten von ihnen befassen sich seit vielen Jahren mit ihrem Thema und sind der Materie oft mehr mit Herzblut als nur Ratio verbunden. Zum Glück! Nur so ist es nämlich zu erklären, dass Programmpunkte, die eigentlich meistens den eher bescheidenen Kostenrahmen sprengen, in Augsburg zur Aufführung kommen.

Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass sich die Festivallandschaft in zwei Gruppen teilen lässt. Auf der einen Seite sind die Veranstalter und Programmmacher entweder in Vereinen organisiert, bei gemeinnützigen GmbHs angestellt oder gelten als unverwüstliche Einzelkämpfer oder Sonderlinge. Ihnen gegenüber stehen die bei der Stadt angesiedelten Festivalstrukturen. Ihre Leiter sind meist Angestellte des Kulturamts. Sie unterliegen bei Interessenkonflikten den politisch Mächtigeren und werden in diesen Fällen nicht selten mit einem Kommunikationsverbot gegenüber der Öffentlichkeit belegt. Ihre Pläne und Möglichkeiten enden in der Regel da, wo sie der Dienstherr ins Leere laufen lässt. Persönliche finanzielle Sicherheit erkaufen sie sich nicht selten mit Frustschüben. In manchen Fällen jedoch gehen Politik und Programmmacher ein Stück des Weges Hand in Hand. Nun ist doppelte Vorsicht geboten. Denn vom Festivalleiter zum Zeremonienmeister ist es oft nur ein kleiner Sprung.

Stadt streicht Modular 2014

Das weiß auch der SJR. Zu Beginn der nun auslaufenden Legislaturperiode durfte er mit LaBrassBanda und einigen anderen Künstlern noch Einzug ins Rathaus halten und dort eine Siegesfeier für die neue Regierung ausrichten. Einige Jahre später kann er seiner eigentlichen Klientel nicht einmal mehr das Jugend- und Popkultur Festival Modular in gesicherter Taktung anbieten. Die Stadt strich die Zuschüsse. Dankbarkeit ist von Politikern kaum zu erwarten und sein selbst verschuldetes schwaches politisches Standing weist den SJR als ideales Bauernopfer des Biennaletraumas aus. Immer lauter werden zudem die Rufe, das zuletzt im Kongress am Park angesiedelte Modular mit dem fast zeitgleich laufenden und privat finanzierten Grenzenlos-Festival am Gaswerk zumindest räumlich und infrastrukturell zu verzahnen. Mit besseren Karten kann Joachim Lang pokern. Als gefeierter Regisseur ist der Stuttgarter nicht auf den Chefposten beim Brechtfestival angewiesen. Er baut auf sein Team im Kulturamt, und sein klug gesponnenes, fraktionsübergreifendes Netzwerk hält ihm zumindest die lästigsten Störungen von politischer Seite fern. Dennoch schafft er es nicht, den Etat für sein Thema wirklich auf das Niveau zu heben, um im Kreis der großen Theater- und Literaturfestivals eine entscheidende Rolle zu spielen. Ohne seine Kontakte zu namhaften Künstlern, die er für Brecht in Augsburg zu nutzen weiß, wäre es um das Festival wohl schlecht bestellt.

Eine vergleichbare Position hat Sebastian Knauer vom rein privat finanzierten Klassikfestival mozart@augsburg. Der weltweit gefragte Pianist aus Hamburg pflegt die jüngste, aber keineswegs zarteste Pflanze im Festivalpark der Stadt. Durch seine Freundschaften mit der ersten Garde internationaler Klassikstars sorgt er für eine Leistungsdichte, wie sie in Augsburg nicht jeden Tag zu erleben ist, und beschafft über seine Kontakte in die Hamburger Wirtschaft auch noch das nötige Kleingeld, um die Konzerte zu finanzieren. Unterstützt wird er dabei vor allem von der ebenso wohlhabenden wie engagierten Familie Boecker und dem Freundeskreis Amadeus e.V. Vor allem Johannes Boecker ist in seiner Doppelfunktion als Vereinsvorsitzender und Geschäftsführer der mozart@augsburg gGmbH kaum zu ersetzen.

Schade nur, dass es bisher nicht gelungen ist, diese Konzertreihe mit den anderen Mozartevents der Stadt auch nur annähernd stimmig zu verzahnen. Momentan herrscht wieder einmal Funkstille. Doch das Thema Mozart mit all den Festivals, Konzertreihen und Protagonisten samt der bestehenden, zum Teil hervorragenden Infrastruktur muss nach den Wahlen eine neue Bewertung erfahren. Daran ist auch Thomas Weitzel gelegen. Als Chef des Kulturamts und Präsident der hier ansässigen Deutschen Mozart-Gesellschaft hat er ein natürliches Interesse daran, das Thema in der Stadt endlich wieder in Fahrt zu bringen. Als langjähriger Leiter des Deutschen Mozartfestes kennt er sowohl die Potenziale und Möglichkeiten, die ein gut aufgestellter und dementsprechend finanzierter Mozart hier hat, als auch die Fallstricke, die eine Doppelfunktion, wie er sie innehat, mit sich bringen kann. Sein Verhältnis zum Kulturreferenten Peter Grab ist nicht nur in dieser Frage angespannt. Bei den meisten Kreativen und Fachleuten gilt Weitzels Stimme als die mit entscheidende, wenn es darum geht, die kulturelle Realität in Augsburg so zu gestalten, dass sie den Künstlern, der Kreativwirtschaft und der Stadt gerecht wird. Und das nicht nur im Kontext Mozart oder Festivallandschaft.

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