An der augenfälligen Rückwand des Galerieraums sehen wir: nichts. Leerstelle. Sebastian Bühler rückt den Boden des Projektraums in den Fokus, indem er diesen mit der Fotografie eines in die Jahre gekommenen Parkdecks bedeckt.
Einzelkämpfer im Duett
Die Galeristen Anette Urban und Wolfgang Reichert präsentieren ihren Gästen bei »nimm- Zwei.2« vier Mal zwei Künstler, die sich eigens für die Ausstellung zusammengefunden hatten. Mit großen Buchstaben aus Untersberger Marmor begrüßt der Derchinger Bildhauer Tobias Freude die Besucher der Galerie: »Konsumhelden « ist an der rechten Wand aufgereiht zu lesen. Darüber hängt ein Werk des in Innsbruck geborenen und in Berlin lebenden Malers Georg Dienz. In zurückhaltenden Farben zeigt er alltägliche Szenen, teilweise scheinbar zufällig entstandene Motive, die aus dem privaten Fotoalbum des Künstlers stammen könnten. Zu sehen ist eine Gruppe von Punks, im Hintergrund zeichnen sich weitere Personen ab. Das Projekt »Konsumhelden« will zum Nachdenken anregen – über unsere stark konsumorientierte Gesellschaft sowie ihre Folgen für Mensch und Umwelt. Während Georg Dienz’ Rebellen für eine Verweigerung dieses Lebensstils stehen, bildet Tobias Freudes Wortskulptur den in Stein gehauenen Beweis seines eigenen Konsums.
Einen Stock höher beleuchten Gisela Fittschen-Badura und Wolfgang Mennel verschiedene Aspekte von »Vergangenheit«. Bei den fast 20 Jahre alten Originalabzügen der Augsburger Fotografin handelt es sich um eine Dokumentation antiker Kunstwerke, einem möglichst objektiven Instrument der archäologischen Forschung. Der Krumbacher Künstler Wolfgang Mennel stellt sich dagegen mit seinen digital bearbeiteten Familienfotos die Frage: Kann man das Geschehene überhaupt real abbilden?
Wieder einem ganz eigenen Feld widmen sich die Stadtberger Grafikerin Jeannette Scheidle und die Ulmer Malerin und Grafikerin Sigrid Münch-Metzner. Im Zentrum ihrer Kooperation steht der irdische Wasserkreislauf als Grundlage jeglichen Lebens. In einer Holzschnittserie thematisiert Sigrid Münch-Metzner die Birke mit ihrem auffälligen schwarz-weiß Kontrast. Demgegenüber illustriert Jeannette Scheidle mit den Mitteln der Digitalfotografie und des traditionellen Farbholzschnitts verschiedene Erscheinungsformen des für den Baum lebensspendenden Regens.
Im »Raum 3« der Galerie erwartet die Besucher zuletzt eine wahre Wunderkammer. Der Hohenreichener Maler und Bildhauer Herbert Dlouhy tauschte sich monatelang mit dem Bayreuther Künstler Johann Schuierer aus – per Post. Die dabei entstandene Masse an Texten, Entwürfen, Collagen und plastischen Objekten wurde von den Beiden zu einem »Kunstlaboratorium« zusammengefügt (Foto). Diese drei Mal drei Meter große Dingwelt der Ideen veranschaulicht nicht nur ihren eigenen Entstehungsprozess, sondern lädt den Betrachter auch zum ausgiebigen Entdecken ein.
Wie Werner Lutz, Kunsthistoriker und Vorstandsmitglied der Künstlervereinigung »Die Ecke«, bei der Vernissage anmerkte, lassen sich Begriffe wie »Duett« oder »Zweiklang« aus der Musik nicht eins zu eins auf die Bildende Kunst übertragen, schließlich seien Künstler vorrangig »Einzelkämpfer«. Dass dies jedoch nicht zwangsläufig stimmen muss, zeigen die acht Ausstellenden mit ihrem beeindruckenden Zusammenspiel. Die Ecke Galerie präsentiert mit ihrer innovativen Serie eines der momentan spannendsten Kunstprojekte der Region.
»nimmZwei.2« ist noch bis zum 17. April zu sehen. Ab dem 9. Mai geht es dann mit dem dritten Teil der Ausstellungsreihe weiter.
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