Mann gegen Frau

Eigentlich ist es eine ganz gewöhnliche Situation an einer Universität: Eine Studentin fragt ihren Professor um Rat, dieser versucht zu helfen. Dann läuft jedoch alles aus dem Ruder. In seinem Stück „Oleanna – Ein Machtspiel“ setzt sich der amerikanische Autor David Mamet unter anderem mit dem Problem der sexuellen Belästigung, dem Schüler-Lehrer-Verhältnis und den Folgen einer durch und durch scheiternden Kommunikation auseinander.
Das Sensemble Theater hat das Bühnenstück unter der Regie von Gianna Formicone inszeniert. Wie ein verschrecktes Mäuschen versteckt sich Studentin Carol, gespielt von Raphaela Beier, unter einem langen Bürotisch, während sich ihr Professor (Florian Fisch) erhaben in seinem akademischen Glanz sonnt: im Zentrum der Bühne und auf dem Tisch wie auf einem Thron sitzend. Wer hier auch am längeren Hebel sitzt, scheint gewiss. Doch dann kippt das Machtverhältnis. Die Studentin reißt an den Grundpfeilern dieser Macht: die Bücherstapel, die für Bildung und Wissen stehen und den Tisch an beiden Seiten stützen, reißt die Studentin ein und macht aus ihm eine Wippe, die auch visuell den ins Wanken geratenen Status Quo zeigt. So stehen sich die Streitenden gegenüber und die Bewegung der Wippe zeigt, wer in diesem verbalen Schlagabtausch gerade die Oberhand gewinnt.
Raphaela Beier vollzieht dabei überzeugend die Wandlung ihrer Figur von der hysterisch stotternden, sich selbst klein machenden Studentin zur selbstbewussten Frau und bildet so den auf gleicher Augenhöhe stehenden Gegenpart zu Florian Fisch, der den anfänglich so allwissenden und arroganten Professor später so bemitleidenswert darstellt, dass das Publikum am Ende nicht weiß, auf welcher Seite es denn nun eigentlich steht. Wer ist hier im Recht? Genau diese Frage macht Oleanna zu einem Stück, das für viel Gesprächsstoff sorgt. Wo beginnt sexuelle Belästigung? Wo endet sachliche Interaktion? Wie weit ist geschlechterstereotypes Denken in uns verankert und wann wird eine Aussage zu einer sexistischen?
Für weiterführende Diskussionen bietet das Sensemble ab dem 1. November das Rahmenprogramm „Frauen – Männer – Macht: Die Positionen der Geschlechter“ mit Publikumsgesprächen, Diskussionen und Gesprächsrunden nach der jeweiligen Vorstellung an. Die Aktualität des Themas und die Tatsache, dass dieses Stück garantiert Auslöser ist, auch die eigene Position im Kampf der Geschlechter zu hinterfragen, machen einen Besuch absolut lohnenswert. (ran)
Weitere Termine sind am 26. Oktober sowie am 1., 2., 8., 9., 15. und 16. November.