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Ruiniert

»Ruiniert«, Teil 2: Kirstie Handel aka Clowness Glucks vor der Bauruine im Wittelsbacher Park; Foto ©Frauke Wichmann
a3kultur-Redaktion

Ruiniert: Staatstheater, Hauptbahnhof, Freilichtbühne – die Liste des Scheiterns von städtischen Bauvorhaben in Augsburg ist lang 

Der umstrittene Staatstheaterneubau am Augsburger Kennedyplatz hat seit Wochen keinen verantwortlichen Architekten. Bauzeit und Baukosten werden sich erneut erhöhen. Der Rauswurf des Planers folgt in all seiner Intransparenz der Dramaturgie dieser städtischen Chaosbaustelle. Kulturreferent Jürgen Enninger, auf dem Papier als Bauherr verantwortlich für das neue Staatstheater, war zu keinem Zeitpunkt in diesen Sommerpausenputsch eingeweiht. Diese Nacht-und-Nebel-Aktion dechiffriert den Stellenwert der Kultur im hierarchischen Denken und Handeln der Augsburger Politik und Verwaltung: Sie steht ganz unten.

Das Scheitern am Kennedyplatz ist ein bitteres Kapitel im Buch einer Stadt, die dabei ist, sich durch Bauvorhaben, die ihr zusehends entgleiten, in den Ruin zu treiben.

So verliert sich unter dem »Neuen Hauptbahnhof« eine irrlichternde Straßenbahntrasse im Nichts. Das Römische Museum der Römerstadt Augsburg ist seit Jahren geschlossen, ebenso die Katharinenkirche mit ihren großen Meistern von Dürer bis Holbein. Der Umgang mit unserer bröckelnden Stadtmauer, samt all ihren Kleinodien von der Freilichtbühne über den Fünffingerlesturm bis zur Kahnfahrt ist ein Debakel, usw., usw., usw. – die Liste des Scheiterns ist lang. 

Eine bedenkliche Verwebung aus Politik und Verwaltung, ist ihren Aufgaben nicht gewachsen. Bürger*innen werden über Jahre hinweg in die Irre führt. Ihre Bedenken, Ängste und Kritik weggelächelt, statt sie ernst zu nehmen. Auch so geht Wahlkampfhilfe für die Extreme.

Die Stimmung bei den Augsburger*innen ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Das Vertrauen in die Lokalpolitik schwindet. In der Zwischenzeit erleben die freien Szenen aller Kulturbereiche Streichungen von Fördermitteln, Etatkürzungen und eine zunehmende Umverteilung von Projektgeldern, weg von der Kultur – hin zur Immobilienwirtschaft.

Empörung, Wut und Traurigkeit machen sich bei den Augsburger*innen breit. 

Manche suchen Kraft und Trost in der Kultur und finden diese zuweilen auch im Pop. Die a3kultur-Redaktion stellt weiterhin Fragen und hält es dabei mit Frank Spilker von der Hamburger Band Die Sterne, wenn er singt: »Wo fing das an, was ist passiert? Wer hat dich nur so RUINIERT?« 

Aus gegebenem Anlass hat a3kultur die Bildserie »Ruiniert« gestartet, die mit der freundlichen Genehmigung und Unterstützung von Frank Spilker (Die Sterne) untertitelt wird.

Das aktuelle Motiv (Foto oben) wurde uns von Kirstie Handel vom Clowness Theater zugeschickt. Es zeigt sie vor der Bauruine im Wittelsbacher Park. Fotografin ist Frauke Wichmann.

Collage Baustelle Staatstheater Augsburg

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