An der augenfälligen Rückwand des Galerieraums sehen wir: nichts. Leerstelle. Sebastian Bühler rückt den Boden des Projektraums in den Fokus, indem er diesen mit der Fotografie eines in die Jahre gekommenen Parkdecks bedeckt.
Der Urknall der modernen Kunst
Zur 75-jährigen Historie des BBK Schwaben-Nord und Augsburg. Ein Gastbeitrag von Bernd Hohlen
Am 1. Oktober 1949 schrieb die Schwäbische Landeszeitung: »Augsburg hat wieder seine ›Große Kunstausstellung‹«. Über 200 Künstler*innen zeigten 400 Malereien, Plastiken und Grafiken im Schaezlerpalais. Noch spielte die regionale Aufteilung von Landesverbänden keine Rolle. Die Herkunft der ausgestellten Künstler geht über den heutigen geografischen Rahmen hinaus. Auch zwei Künstler aus München waren in dieser Ausstellung vertreten. Zu diesem Jubel gesellte sich bereits eine gewisse Ernüchterung: »Die Zeit der Schaezlerpalais-Ausstellungen, an denen das kunstinteressierte Deutschland Anteil nahm, ist vorbei«, schrieb die Schwäbische Landeszeitung weiter. Was war geschehen? Im Dezember 1945 erregte Augsburg große Aufmerksamkeit in der am Boden liegenden deutschen Kunstwelt, als die erste »Ausstellung Moderner Kunst« im Schaezlerpalais gezeigt wurde. Erich Kästner schrieb darüber seinen Artikel »Die Augsburger Diagnose« in der Münchener Neuen Zeitung. Bei der begleitenden Befragung der Besucher*innen dieser Ausstellung zeigte sich noch eine schwere Indoktrination der vergangenen 12 Jahre, die Kästner schwer irritierte und die er mit pädagogischen Vorschlägen kommentierte. Nur elf Tage später gab es eine mäßigende Replik in derselben Zeitung vom Schriftsteller Hans Habe. Augsburg war in den Schlagzeilen und die Ausstellung so etwas wie der »Urknall« der modernen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg – ein einmaliger Vorgang, der sich mit München als bayerischer Landeshauptstadt nicht wiederholen ließ. Der Archäologe und Kustos des Maximilianmuseums Ludwig Ohlenroth war als Kurator an beiden Ausstellungen beteiligt. Ohlenroth, Eugen Nerdinger, Wolfgang Lettl, Otto Michael Schmitt und Franz B. Hahnle waren die treibenden Akteure dieser Zeit. Aus diesem Kreis bildete sich der Berufsverband Bildender Künstler Schwaben-Nord und Augsburg (BBK).
Die Schwäbische Landeszeitung erkannte in ihrem Artikel Franz B. Hahnle als »stärkste junge Begabung«. Er wurde der erste Vorsitzende des BBK. Zweiter Vorsitzender war der als surrealistischer Maler bekannt gewordene Augsburger Wolfgang Lettl. Hahnle stand dem BBK 27 Jahre vor und ist einer von insgesamt nur fünf Vorsitzenden des BBK Nord – ein Ausdruck von Kontinuität. In der Folge lösten sich Annemarie Helmer-Heichele, Lothar Joachim Gartner, Jan Prein und Norbert Kiening als erste Vorsitzende des BBK Schwaben-Nord ab. Letzterer steht dem Verein nunmehr schon fast 20 Jahre vor.
Dass wir heuer das 75-jährige Bestehen des Verbandes feiern und gleichzeitig die 76. Große Schwäbische Kunstausstellung zeigen, hängt damit zusammen, dass im Jahr 1950 gleich zwei Große Schwäbische Kunstausstellungen durchgeführt wurden.
Die 76. zum 75.
Die »Große Schwäbische« im Jubiläumsjahr des BBK Schwaben-Nord
Im November hält die Große Schwäbische Kunstausstellung des BBK Schwaben-Nord und Augsburg e.V. wieder Einzug in Halle 1 – Raum für Kunst im Glaspalast. Es wird die 76. ihrer Art im 75. Jahr des Bestehens des BBK sein. Zahlreiche Künstler*innen aller Disziplinen, die ihren Wohn- und Arbeitsort in Schwaben haben, werden mit einem Werk vertreten sein, und natürlich wird auch wieder der jährliche, mit 2.000 Euro dotierte Kunstpreis verliehen. Die Ausstellung wird am Samstag, 30. November um 11 Uhr eröffnet und läuft dann bis 5. Januar 2025. Ebenso lange zeigt der BBK in seiner Galerie im 2. Stock noch die Jubiläumsausstellung »Kunst aus Bayern«.
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